Kulturgeschichte aus informationstheoretischer Sicht als Evolution von

BD14655_.GIF (173 Byte)Information
BD14655_.GIF (173 Byte)Informationsverarbeitung
BD14655_.GIF (173 Byte)Kommunikativen Netzen
BD14655_.GIF (173 Byte)Medien

Ziel meiner Studien ist es, die gegenwärtigen Formen kultureller Kommunikation und ihrer Medien als Stufe eines ökologischen Evolutionsprozesses zu verstehen.

Theorie

Neben den drei Grundvorstellungen von Kommunikation als

BD14655_.GIF (173 Byte)  Informationsverarbeitung
BD14655_.GIF (173 Byte)   Vernetzung und
BD14655_.GIF (173 Byte)   Spiegelung

bedarf es hierzu eines weiten Kulturkonzepts und evolutionstheoretischer Annahmen:

                BD14565_.GIF (183 Byte)  Kommunikations- und Informationskonzepte
                BD14565_.GIF (183 Byte)  Kulturen aus kommunikationstheoretischer Sicht

Kulturveränderung erscheint aus dieser ökologischen und kommunikationstheoretischen Sicht als Veränderung

BD14655_.GIF (173 Byte)   der Tektonik, Dynamik und Selbstbeschreibung der Informationsverarbeitung
     (Veränderung der Sensoren, Speichermedien, Programme ...), wobei von der
     Koevolution von Informationssystemen und Umwelt ausgegangen wird;
BD14655_.GIF (173 Byte)   der Vernetzungswege und -medien, wobei eine beständige Verschiebung
     von Zentrum und Peripherie stattfindet;
BD14655_.GIF (173 Byte)   und Emergenz neuartiger Medien und Kommunikatoren des menschlichen Ökosystems
     und damit der Spiegel und bevorzugten Spiegelungsformen.

                BD14565_.GIF (183 Byte)  Kulturgeschichte

Die kulturgeschichtliche Evolution, in deren Zentrum der Mensch steht, bleibt eingebunden in die Naturgeschichte. Kulturelle Formen der Information, Informationsverarbeitung und Kommunikation treten evolutionsgeschichtlich erst spät auf und machen auch in der Gegenwart nur einen Teil der Informationen und Kommunikationsformen aus.

                BD14565_.GIF (183 Byte)  Evolution der Informationstypen

Vorzüge des informationstheoretischen Ansatzes

BD14655_.GIF (173 Byte) Allgemeingültigkeit
Dieser Ansatz erlaubt es, die Dynamik kultureller Prozesse als Gegen- und Miteinander verschiedener Formen sozialer, psychischer, technischer und anderer Informationsverarbeitung zu verstehen. Allgemein kann man zwischen Wahrnehmungs-, Verarbeitungs-, Reflexions-/Steuerungs- und Darstellungsprozessen und den entsprechenden verschiedenen Speichermedien unterscheiden. Es ist jeweils empirisch zu entscheiden, welche technischen, psychischen, biogenen, sozialen u. a. Prozesse von sozialen Gemeinschaften als Wahrnehmung, Kommunikation, Informationsspeicherung usf. verstanden werden und wie man sie normiert, technisiert usf. ...

                BD14565_.GIF (183 Byte)  Komplexität und Dynamik informationsverarbeitender Systeme

BD14655_.GIF (173 Byte) Interdisziplinäre Integrationskraft
Das Modell informationsverarbeitender Systeme ist komplex genug, um bislang getrennt voneinander operierende Forschungsansätze zueinander in Beziehung zu setzen. Kulturanthropologische Ansätze beispielsweise haben sich bislang vorzugsweise mit der Evolution der Wahrnehmungsprozesse und Sinnesorgane beschäftigt. Mit den Programmen sozialer Informationsverarbeitung beschäftigen sich Studien zum Mentalitätswandel. Unter dem Stichwort 'kulturelles Gedächtnis' werden die Speicher thematisiert. Die Technikgeschichte liefert Beiträge zur Technisierung der verschiedenen Prozessoren und mit den Ausdrucks- und Darstellungsformen haben sich Literatur- und Sprachhistoriker befaßt. Die Techniksoziologie thematisiert häufig Steuerungs- und Rückkopplungsphänomene. Ohne den Gesamtkreislauf der Informationsverarbeitung im Blick zu haben, lassen sie jedoch die einzelnen Phasen und Elemente nicht verstehen, weil sie interaktiv, rekursiv, prospektiv usf. miteinander verknüpft sind.

BD14655_.GIF (173 Byte) Klärung der Katalysatoren von Veränderungsprozessen

Innovationen können mal über die Veränderung der Wahrnehmung, mal über die Technisierung von Speichermedien, mal über neue Vernetzungsformen, mal über alternative Verarbeitungsprogramme, mal durch neue Kontrollmöglichkeiten usf. in Gang gesetzt werden. Bei revolutionären Veränderungen, wie sie z. B. in der frühen Neuzeit vorliegen, treffen verschiedene Katalysatoren relativ zeitgleich zusammen. Es kommt, wie ich am Beispiel des typographischen Systems der Buchkultur gezeigt habe, zu einer Umgestaltung aller Elemente des informationsverarbeitenden Systems.

BD14655_.GIF (173 Byte) Differenzierung der Entwicklungslinien

Weiterhin zwingt das Modell zu einer Klärung des Bezugssystems. Beispielsweise muß zwischen psychischer und sozialer Informationsverarbeitung unterschieden werden. Soziale Informationsverarbeitung kann in Dyaden, Gruppen, Institutionen, Gesellschaften und deren Sub- und Supersystemen ablaufen. Es gibt nur ganz wenige elementare Strukturen und Programme, die in allen diesen Typen gleichermaßen gelten. Ansonsten ist zu differenzieren. Aus informationstheoretischer Sicht lautet beispielsweise die grundlegende Frage, die sich die Industriegesellschaften seit der frühen Neuzeit stellen mußten: Wie ist Parallelverarbeitung über die Umwelt zwischen einem Autoren und seinen vielen (ihm unbekannten) Lesern nur mit Hilfe von ausgedruckten Büchern, ohne die Möglichkeit schneller Rückkopplung und Interaktion zu organisieren [?]
Es ging also um einen neuen Typus gesellschaftlicher Informationsverarbeitung und nicht in erster Linie um eine Verbesserung der individuellen psychischen Informationsverarbeitung und der Organisationskommunikation, wie sie bei der Einführung der Schrift in der Antike angestrebt wurde.

BD14655_.GIF (173 Byte) Prognostische Kraft

Kooperative Informationsverarbeitung folgt, wie andere Formen der Arbeitsteilung auch, gewissen Regelmäßigkeiten. Insbesondere muß ein Gleichgewicht zwischen Differenzierung und Integration erreicht werden. Außerdem gibt es Probleme der Informationsverarbeitung, die in der Industriegesellschaft gut, und solche, die weniger gut gelöst sind. Es ist zu erwarten, daß die zukünftige Informationsgesellschaft Antworten auf die offenen Fragen suchen wird.

                BD14565_.GIF (183 Byte)  Entwicklungslinien der Informationsgesellschaft und Aufgaben einer zeitgemäßen Kommunikationsgesellschaft

Anwendungsbeispiele und Ergebnisse

In den bisher veröffentlichten Arbeiten habe ich mich vor allem mit der Entwicklung der psychischen, sozialen und technischen Informationstypen und Kommunikationsformen beschäftigt.
In der Untersuchung über den 'Buchdruck in der frühen Neuzeit' werden die gesellschaftlichen Prozesse zum einen als soziale Informationsverarbeitung (Epistemologischer Informationsbegriff) und zum anderen als Vernetzung aufgefaßt.
Das auf dem Ontologischen Informationsbegriff basierende Spiegelungskonzept kann erklären, wie sich technische Strukturen - z. B. der Werkzeuggebrauch - in ganz anderen Medien, z. B. in den psychischen Strukturen des Menschen, als zweckrationales Denken spiegeln und umgekehrt.
Die Anwendung des kommunikationstheoretischen Ansatzes habe ich im Rahmen der Ausstellung "Gutenberg - 550 Jahre Buchdruck in Europa" (in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel vom 5. Mai - 30. September 1990) exemplarisch illustriert.