Rationalität und Kritik
„Wann immer wir nämlich glauben, die Lösung eines Problems
gefunden zu haben sollten wir unsere Lösung nicht verteidigen, sondern
mit allen Mitteln versuchen sie selbst umzustoßen.“ S. XV
„Eine Annäherung an die Wahrheit ist möglich... sicheres
Wissen ist uns versagt. Unser Wissen ist ein kritisches Raten; ein Netz
von Hypothesen; ein Gewebe von Vermutungen.“ S. XXV
Alltägliche und wissenschaftliche Erkenntnis
„Man kann das Problem der Erkenntnistheorie von zwei verschiedenen
Seiten her betrachten:
1. Als das Problem der alltäglichen Erkenntnis, des gesunden Menschenverstandes
(‘common sense’), oder
2. als das Problem der wissenschaftlichen Erkenntnis.“ S. XVII
„Unglücklicherweise gibt es aber so etwas ja gar nicht wie
die ‘Sprache der Wissenschaft’“. S. XX
Grundprobleme der Erkenntnislogik
Induktion und Deduktion
„Unsere... Auffassung steht im schärfsten Widerspruch zu allen
induktionslogischen Versuchen; man könnte sie etwa als Lehre von
der deduktiven Methodik der Nachprüfung kennzeichnen.“ S. 5
„Die Wissenschaftstheorie ist nicht an Erkenntnispsychologie, sondern
an Erkenntnislogik interessiert. Sie beschäftigt sich mit Geltungsfragen
„ob und wie ein Satz begründet werden kann, ob er nachprüfbar
ist; ob er von gewissen anderen Sätzen logisch abhängt oder
mit ihnen in Widerspruch steht“ (S. 6) nicht für Tatsachenfragen.
Positivismus
Während der ältere Positivismus nur ‘Begriffe’ anerkannte,
die ‘aus der Erfahrung stammen’ sieht ‘der Neopositivismus’
meist deutlicher, daß die Wissenschaft kein System von Begriffen
ist, sondern ein System von Sätzen und will nur jene Sätze als
‘wissenschaftlich’ oder ‘legitim’ anerkennen die
sich auf alle elementaren Erfahrungssätze... logisch zurückführen
lassen.“ S. 9/10
Dieses Kriterium folgt der Induktionslogik und da diese von Popper abgelehnt
wird akzeptiert er diesen Positivismus nicht.
„Nach unserer Auffassung aber gibt es keine Induktion. Der Schluß
von den durch ‘Erfahrung’ (was immer wir auch mit diesem Wort
meinen) verifizierten besonderen Aussagen auf die Theorie ist logisch
unzulässig. Theorien sind somit niemals empirisch verifizierbar.
Wollen wir den positivistischen Fehler, die naturwissenschaftlich-theoretischen
Systeme durch das Abgrenzungskriterium auszuschließen, vermeiden,
so müssen wir diese so wählen, daß auch Sätze, die
nicht verifizierbar sind, als empirisch anerkannt werden können.“
S. 14/15
Die Lösung sieht Popper darin nicht die Verifizierung, sondern die
Falsifizierung zum Abgrenzungskriterium zu machen: „Eine empirisch-wissenschaftliches
System muß an der Erfahrung scheitern können.“ S. 15
(Asymmetrie zwischen Verifizierbarkeit und Falsifizierbarkeit)
Hieraus folgt das wissenschaftliche Aussagen/Modelle zwar nicht verifizierbar
wohl aber nachprüfbar sind: „Die Objektivität der wissenschaftlichen
Sätze liegt darin, daß sie intersubjektiv nachprüfbar
sein müssen.“ S. 18
Und er fügt in der Anmerkung hinzu „Ich habe in der Zwischenzeit
diese Formulierung verallgemeinert; denn die intersubjektive Nachprüfung
ist nur ein sehr wichtiger Aspekt des allgemeineren Gedankens der intersubjektiven
Kritik, mit anderen Worten ein Aspekt der Idee der gegenseitigen rationalen
Kontrolle durch kritische Diskussionen.“ (S. 18)
„Man überprüft die Theoriensysteme, indem man aus ihnen
Sätze von geringerer Allgemeinheit ableitet. Diese Sätze müssen
ihrerseits, da sie intersubjektiv nachprüfbar sein sollen, auf die
gleiche Art überprüfbar sein – usw. adinfinitum.“
S. 21
Erkenntnistheorie als Methodenlehre
„Nach unserem Vorschlag ist die Erkenntnistheorie oder Forschungslogik
Methodenlehre.“ S. 22
„Wir wollen die Regeln, oder, wenn man will, die Normen aufstellen,
nach denen sich der Forscher richtet, wenn er Wissenschaft treibt, wie
wir es uns denken.“ S. 23
Letztlich ist die Frage, was man als Wissenschaft, wen man als Wissenschaftler
und was man als wissenschaftliche Methode anerkennt eine Frage der ‘Festsetzung’.
S. 25 und: „Wir geben also offen zu, daß wir uns bei unseren
Festsetzungen in letzter Linie von unserer Wertschätzung, von unserer
Vorliebe leiten lassen.“ S. 12
Die Wissenschaften als ein System von Sätzen
„Die Erfahrungswissenschaften sind Theoriensysteme... wissenschaftliche
Theorien sind allgemeine Sätze. Sie sind, wie jede Darstellung Symbole,
Zeichensysteme. ...Die Theorie ist das Netz das wir auswerfen, um ‘die
Welt’ einzufangen, - sie zu rationalisieren, zu erklären und
zu beherrschen. Wir arbeiten daran, die Maschen des Netzes immer enger
zu machen.“ S. 31
Unterschieden wird zwischen allgemeinen und besonderen Sätzen (S.
32). Erstere beanspruchen ‘für jeden beliebigen Orts- und Zeitpunkt
richtig zu sein’ (S. 34). „Besondere oder singuläre Sätze
werden wir solche Sätze nennen, die sich nur auf gewisse endliche
Raum- Zeitgebiete beziehen.“ S. 35
Theoretische Systeme
Die empirischen Wissenschaften streben eine ‘strenge systematische
Form an’, die Form einer Axiomatik. (S. 41)
„Sämtliche Voraussetzungen werden in einer kleinen Anzahl von
‘Axiomen’ an die Spitze gestellt, derart, das alle übrigen
Sätze des theoretischen Systems aus ihnen durch rein logische bzw.
mathematische Umformungen abgeleitet werden können.
Wir sagen, daß ein theoretisches System axiomatisiert ist, wenn
eine Anzahl von Sätzen, Axiomen, aufgestellt wird, die folgende 4
Grundbedingungen genügen: das System der Axiome muß, für
sich betrachtet, a) Widerspruchsfrei sein, was mit der Forderung äquivalent
ist, das nicht jeder beliebige Satz aus dem Axiomensystem ableitbar sein
sollte; b) unabhängig, das heißt keine Aussage enthalten, die
aus den übrigen Axiomen ableitbar ist (‘Axiom’ soll nur
ein innerhalb des Systems nicht ableitbarer Grundsatz heißen). Was
ihr logisches Verhältnis zu den übrigen Sätzen des axiomatisierten
Systems betrifft, so sollen die Axiome überdies c) zur Deduktion
aller Sätze dieses Gebietes hinreichend und d) notwendig sein, daß
heißt keine überflüssigen Bestandteile enthalten.„
S. 41
Ein Axiomensystem ist also ein ‘System von impliziten Definitionen’.“
Es wird festgesetzt, nur Modelle zur Substitution zuzulassen.“ S.
43
Theoretische Systeme müssen ‘widerspruchslos’ sein (S.
59) Empirische Sätze sowohl ‘widerspruchslos’ als auch
‘falsifizierbar’. (S. 59)
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