Vernetzungsmedien und -formen
   
Die Elektrifizierung der alltäglichen Kommunikation zwischen Privatpersonen stellte ganz andere vernetzungstechnische Probleme als die Telegraphie. Während letztere sich an den Bahnlinien oder wichtigen Landstraßen entlang hangelte, gab es für die eher regionalen Telephonnetze in den Städten verschiedene Möglichkeiten. Bell wollte 1878 an das in den amerikanischen Großstädten vorhandene unterirdische Leitungssystem anknüpfen: "Zur Zeit haben wir ein perfektes Netz von Gas- und Wasserleitungen", schrieb er, "in unseren großen Städten. Es gibt Hauptleitungen unter den Straßen, die durch Nebenleitungen mit den einzelnen Wohnungen verbunden sind, so dass die Benutzer ihren Bedarf an Gas und Wasser aus einer gemeinsamen Quelle beziehen.
 

Es ist vorstellbar, dass in ähnlicher Weise Kabel- oder Telephondrähte unterirdisch verlegt oder über der Erde gespannt durch Abzweigungen mit privaten Wohnungen, Geschäftshäusern, Fabriken usw. verbunden werden, Durch das Hauptkabel mit einem Zentralbüro verbunden, könnten nach Wunsch eine direkte Verbindung zwischen zwei beliebigen Orten in der Stadt hergestellt werden. Obwohl ein solcher Plan gegenwärtig nicht praktizierbar erscheint, glaube ich fest daran, dass zukünftige Leitungen die Hauptbüros der Telefongesellschaften in verschiedenen Städten nunmehr verbinden werden, so dass jemand in einem Teil des Landes mündlich mit einem anderen an einem entfernten Ort kommunizieren kann." Die überirdische Verkabelung an Masten erwies sich in den meisten Fällen als billiger und praktikabler. Vgl. Abb.
 
Zwar kam es immer wieder zu Unglücken mit umgestürzten Leitungen und in einzelnen Zeitungen regte man sich über die hässlichen Telegraphenbäume auf, aber schließlich setzte sich das ökonomische Argument durch: "Bevor man mit dem Bau teurer unterirdischer Leitungssysteme und Tunnels beginnt, sollte man auch an die Kosten denken. Würden Telegraph und Telephon ausschließlich von den Reichen, also einigen Wenigen benützt, wäre es weder überraschend noch unlogisch, dass die Mehrheit etwas gegen die Invasion der Straßen und ihrer Hausdächer hätte. Aber dies ist nicht der Fall. Beide Dienstleistungen haben sich so verbreitet und werden bereits so viel genutzt, dass sie fast zu einer Notwendigkeit geworden sind. Beim Telegraphen erwartet die Öffentlichkeit eine entscheidende Senkung der Gebühren... Wenn jedoch niemand bereit ist, die kleinste Unannehmlichkeit zugunsten des öffentlichen Wohls zu ertragen und eine Leitung an seiner Tür vorbei oder über sein Dach führen zu lassen, kann niemand vernünftigerweise erwarten, zur selben Zeit eine billige Dienstleistung in Anspruch zu nehmen." (Scientific American 10.5.1884, S. 288) Das Telephon, 1884 in New York ,fast eine Notwendigkeit' und eine billige Dienstleistung noch dazu! Von solchen Verhältnissen war man in Deutschland weit entfernt.