Herkunft und Zukunft der Museen als kulturelle Informationsspeicher
Die historische Dimension der Wissensvermittlung
(Vortrag auf der Tagung `Euphorie Digital', Paderborn 1998)
Der Ausgangspunkt meiner Betrachtung
ist informations- und kulturtheoretisch sowie historisch vergleichen.
Museen, Bücher, Menschen und alle anderen Phänomene werden zum einen als
informationsverarbeitende Systeme oder als deren Elemente betrachtet. Es wird
dann gefragt, wie sie Informationen gewinnen, speichern, verarbeiten und darstellen.
Oder aber sie erscheinen als Medien oder Prozessoren in kommunikativen Netzwer-
ken.
Von Kultur spreche ich, wenn ich die Vernetzung und Wechselwirkung unterschiedli-
cher Klassen von Informations- und Kommunikationssystemen: psychischen, sozia-
len, neuronalen, biogenen, technischen usf. im Auge habe. Ich betrachte sie also
genauso wie die Menschen als Ökosysteme oder als Elemente in ökologischen
Netzwerken.
Es macht vor diesem Hintergrund keinen Sinn von Kultur zu sprechen, wenn man
nicht die Existenz und das Zusammenwirken völlig unterschiedlicher Kommunika-
tions- und Informationssysteme annimmt. Weder läßt sich soziale Informationsverar-
beitung auf psychische oder deren Addition noch die psychische Informationsverar-
beitung auf neurophysiologische Vorgänge reduzieren. Und es ist auch nicht sinnvoll,
kulturelle und soziale Informationsverarbeitung miteinander zu identifizieren.
In der Kulturgeschichte (und ebenso in der Naturgeschichte) werden aus dem prinzi-
piell unendlich vielen Vernetzungsmöglichkeiten und den ebenfalls unendlich vielen
Möglichkeiten, Menschen und andere Phänomene für die Informationsverarbeitung
zu funktionalisieren, jeweils bestimmte Möglichkeiten und Funktionen ausgewählt,
sozial, technisch und in anderer Weise stabilisiert und kulturell prämiert.
Von kultureller Entwicklung (Evolution) spreche ich, wenn die Vernetzungsmöglich-
keiten bzw. die Funktionen, die Menschen in den Informationsverarbeitungsprozes-
sen einnehmen können, steigen. Sie wird dann multimedialer, multisensorieller, mul-
tiprozessoraler und flexibler und stellt somit mehr Auswahlmöglichkeiten für Vernet-
zung und Informationstransformation bereit.
Schon daraus folgt, daß neue Medien nur dann eine evolutionäre Funktion haben,
wenn sie die vorhandenen nicht bloß ersetzen. Vielmehr müssen die Optionen der
alten Medien oder Informationssysteme bis zu einem gewisse Grade erhalten blei-
ben. I. d. S. haben alle sogenannte Medienrevolutionen nicht nur Neues hinzugefügt
sondern zugleich die Bedeutung von vorhandenen Systemen und Medien stabilisiert: