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Die Manufaktur der Handschriften - ein Beispiel mittelalterlicher Arbeitsteilung und Technik |
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'Ars artificialiter scribendi' ihre Leistungen vor allem dem ästhetischen Augenmaß und den manuellen Fertigkeiten der Schreiber verdankt, ist sie keineswegs eine simple Technologie: Zunächst muss, wie die links wiedergegebene
Illumination zeigt, der Beschreibstoff, im Mittelalter das Pergament,
aus den Tierhäuten gewonnen werden (Medaillon 1);
das Pergament wird auf das gewünschte Format zugeschnitten und liniert
(Medaillon 2); der Text kann auf einer Wachstafel
mit einem Griffel vorgeschrieben werden (Medaillon
3); danach spitzt der Schreiber seine Gänsefeder mit dem Federmesser
an (Medaillon 4) und beginnt die Abschrift.
Die beschriebenen Blätter werden zu Lagen gefalzt (Medaillon
5) und mithilfe einer Buchbinderlade zu einem Buchblock zusammengebunden
(Medaillon 6). Schließlich können mit einem
Beil hölzerne Buchdeckel zurechtgehauen (Medaillon
7) und Metallbeschläge angefertigt (Medaillon
8) werden, um dem Buch eine haltbare und ansprechende Form zu geben. |
Gutenberg standardisierte und mechanisierte
einzelne Phasen dieses komplexen Vorgangs und schuf so das 'Typographeum'. |
(M. P. Fleming von Hartenstein) |
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![]() Kupferstich des Boetius (um 1700) zeigt einige Phasen des Arbeitsablaufs bei der neuen Form der Textverarbeitung: Eingabe und Prüfung des Manuskripts; die Arbeit der Setzer an ihren Setzkästen; die Drucker, die die Druckformen gemeinsam mit dem befeuchteten Papier auf einem Wagen unter die Presse fahren und dann 'den Bengel rucken', pressen. Die ausgedruckten Bögen werden zu- nächst zu Lagen und diese anschließend zum fertigen Buch zusammengelegt und gebunden. Zwischendurch schiebt man mehrere Korrekturphasen ein, in denen Druck und Manuskript verglichen werden. |
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Überblickt man den hier skizzierten Weg
vom Schriftentwurf bis zu den ausgedruckten Texten, so fällt die Anwendung
des Prinzips der mehrfachen Spiegelung (+/-) informativer Muster ins Auge
(vgl. Abb. rechts). Gutenbergs Genie liegt in diesem Punkt in seiner Sturheit, mit der er viermal einen im Prinzip gleichen Vorgang wiederholt. Seine Technik erlaubt die Produktion identischer Werkstücke mit einer Präzision, die zwar für das Industriezeitalter, aber eben nicht für die vorherigen Produktionsformen typisch ist. Mit dem Buchdruck beginnt der Siegeszug der standardisierten Massenproduktion. |