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Merkmale der "oralen" Kulturen |
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Das Kriterium für die Wahrheit
einer Aussage ist die Person mit ihrer Stelllung innerhalb der Stammesorganisation.
Es gibt keine personenunabhängigen Wahrheiten. Insbesondere das Alter (und Geschlecht) der Person und die durch Riten vollzogenen Statuspassagen (Länge ihrer Stammeszugehörigkeit) sind hier von Bedeutung. |
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Diese Personen kontrollieren (im Auftrag des Stammes), welches Wissen an wen weitergegeben werden darf. Es darf nicht zu vielen weitergegeben werden. In der Regel werden Novizen herangezogen, damit das Wissen des Stammes nicht verloren geht, vor allem das Wissen um die latenten Strukturen und Regeln. Wird Wissen überhaupt nach Außen hin an andere Stämme veröffentlicht, fehlen oft die wesentlichen Teile. Es besteht eine große Angst davor, daß das Wissen vergessen und verloren gehen kann, denn das System ist, da es an Menschen und ihre biologische Existenz gekoppelt ist, äußerst störanfällig. |
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Es gibt immer ein Palaver, wo die wichtigen Dinge in face-to-face-Interaktion verhandelt werden. Teilnehmen an diesem Palaver, das meist ein Ältestenrat ist, können nur Initiierte. Gewisse Gruppen, meist Frauen und Jünglinge sind von diesem Palaver per se ausgeschlossen. |
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Orale Kulturen legen großen Wert auf ihre Handwerklichkeit und damit auf Taktilität. Orale Kulturen sind immer auch taktile/kinästhetische. Das gemeinsame Tun - z. B. Fischen, Flechten etc. - dient der Abgrenzung von anderen Stämmen. Kleinigkeiten, Symbole, andere Handhabung von Werkzeug, besondere Schnitzereien, Farben etc. dienen dazu, die Zugehörigkeit zum Stamm hervorzuheben und die Gemeinschaft zu stärken. |
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Orale Kulturen haben ein enormes
Abgrenzungsbedürfnis gegenüber anderen Kulturen, die aufgrund
der geringen technischen Entwicklung immer ähnlich sind. Von Außen
sind die Unterschiede oft minimal und kaum wahrnehmbar, z. B. besondere
sprachliche Ausdrucksweisen. Sie sind aber eminent wichtig für den
Stamm. Minimale Unterschiede müssen in diesem Zwang, sich abzugrenzen,
überhöht werden um die Gemeinschaft zu erhalten. Das natürliche
leibliche Verhalten, Tätowierungen, Anmalen und nicht technisierte
Medien sind das hauptsächliche Mittel der Individualisierung und der
Kommunikation. Ein Mittel, um dieses herzustellen, ist das Singen bei der handwerklichen Arbeit, es bringt die Leute in den gleichen Rhythmus und erfaßt sie auf einer kinästhetischen emotionalen Ebene. |
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Ein weiteres Merkmal ist, daß es nicht nur eine Wahrheit und eine führende Person sondern viele Stimmen - im Palaver - gibt, was die Entstehung autoritärer Machtgruppen erschwert. Schwierige Entscheidungen werden oftmals durch Zeichen (der Natur) getroffen: Gottesurteil. |
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Das Ansehen und der Wert einer Person hängt von ihrem Wissen über die Geschichte des Stammes, seine Werte etc. ab. Oftmals gibt es kaum die Möglichkeit anders als durch Geburt aufgenommen zu werden, zumindest für Männer. Ausgestoßen wird leichter. |