Transformationsprozesse bei der Darstellung von Wissen in der 'gemein teutschen' Sachprosa
   
1. Symbolisierungsprozesse
Erfahrungen, die auf verschiedenen Ebenen erworben und gespeichert werden, müssen auf eine sprachlich - begriffliche Ebene transformiert und integriert werden. Transformationen sind aus folgenden Erfahrungsbereichen notwendig:
 
enactive, senso - motorische Erfahrungen ('brauch', 'pracktik')
sinnlich – wahrnehmungsmäßige Erfahrungen ('anschauung', 'sehen')
sprachlich – deiktische Erfahrungen

2. Übersetzungsprozesse
Versprachlichtes Wissen, das im 15. und frühen 16. Jahrhundert zumeist aus Handschriften 'gezogen' wird, muss in eine gemein teutsche Klassifikationsweise übersetzt werden. Über-setzungen sind erforderlich aus:
der lateinischen (oder griechischen) 'gelerten' Sprache
den 'frembden zungen'
den regionalen Dialekten
den fachsprachlichen Stilen
In soziologischer Hinsicht erfordert dies die Überwindung oder/ und Veränderung der Arbeitsteilung zwischen sozialen Schichten, Professionen und Gesellschaften.

3. Verschriftungsprozesse
Bei der Transformation sprachlich - begrifflichen Wissens in das schriftsprachliche Medium, unter der Berücksichtigung der kommunikativ – pragmatischen Anforderungen der öffentli-chen ('nationalen') druckschriftlichen Kommunikationssituation, werden folgende Leistungs-bereiche angesprochen:
Notation der Wissensbestände in einer multifunktionalen, situationsabhängigen
Standardsprache ('gemein teutsch') mit der entsprechenden Standardisierung
und Kodifikation von Lexik, Syntax und Gattungen.
Ausbau des graphischen Transkriptionssystems (mediale Ebene i.e.S.), Standardisierung des Buchstaben- und Zeichenreservoirs u.a. durch Regelung von Orthographie und Interpunktion.
Stilistische und fachsprachliche Differenzierung.
Neben den kommunikativen und kognitiven Problemen, die bei diesen Transformationspro-zessen der Erfahrungsbestände in Rechnung zu stellen ist, müssen auch:
politische ('Bildungsmonopol', ' Öffentlichkeit')
ideologisch – moralische ('Legitimation der Laienschriftlichkeit') und
institutionell – technische
 

 

 


www.kommunikative-welt.de Geschichte ©Michael Giesecke