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Technisierung des Körpers |
Unsere Körper und unser leibliches
Verhalten sind im Tier- Mensch- Übergangsfeld und bis in die Altsteinzeit,
unser ausschließliches Medium gewesen, uns unseren Artgenossen mitzuteilen.
Mit der Nutzung von Werkzeugen, Kleidung, Gebäude im Zuge der Sesshaftwerdung
usf. eroberte der Mensch künstliche, technische Medien. Was immer
diese technischen Hilfsmittel für Aufgaben erfüllen sollten,
immer sind sie auch ein Informationsmedium für andere und ein Medium
des persönlichen Ausdrucks gewesen. Über das Verhältnis zwischen dem leiblichen Verhalten und der technisierten Formen des Ausdrucks ist viel nachgedacht worden. Dabei haben auch häufig Fragen der Rangordnung eine Rolle gespielt: Was ist das wichtigste Kommunikationsmedium, die Lautsprache als Spezialfall leiblichen Verhaltens oder die eine oder andere Form technisierter Medien? Gibt es einen Wandel in der Kulturgeschichte in dem Sinne, dass künstlich Medien im Laufe der Zeit wichtiger geworden sind als die leiblichen Ausdrucksformen? Ist gegenwärtig z. B. der Computer / das Internet für die Vernetzung der Menschheit wichtiger als das Gespräch? Bieten die neuen Medien vielleicht sogar die Möglichkeit den Körper vollständig zu substituieren, ihn zu virtualisieren? Ich selbst konzentriere mich eher auf die Frage: Wie wirken die verschiedenen leiblichen und technisierten Medien zusammen? Ich glaube nicht, dass sich allgemeine Rangordnungen sinnvoll aufstellen lassen. Diese werden in den verschiedenen Bereichen des kulturellen Lebens unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich kommt bei allen Hierarchierungen der Faktor Macht ins Spiel. Man kann auch so sagen: Wer solche Rangordnungen aufstellt, betreibt Kommunikationspolitik. Und das haben alle Kulturen immer getan. Die Hindu Reiche in Indien haben den Tanz prämiert, die Ägypter die Verknüpfung von Stein und Schrift, die antiken Hochkulturen hochstandardisierte Formen der Rede, das europäische Mittelalter eine komplizierte Form der Interaktion von Handschrift und ritualisierte Rede, die Industriegesellschaft der Neuzeit das Druckmedium und die Standartschriftsprachen. Solche Formen kultureller Prämierung und Abwertung scheinen unvermeidlich. Es sind sekundäre Prozesse in dem Sinne, dass sei die Komplexität der realen kommunikativen Verhältnisse selektiv behandeln. Man kann auch von Selbstsimplifikationen sprechen. Eine ökologische Kommunikationsbetrachtung wird solche Prämierungen zwar bemerken, sie aber nicht übernehmen. Ihre Aufgabe ist es, die Verschiebung der Gewichte zu erkennen und deren Konsequenzen auszuloten. Als (politische) Maxime kann sie höchstens davon ausgehen, dass die Erhaltung der verschiedenen Mediengattungen sinnvoll ist. Im Sinne der Arterhaltung kann sie die Bedeutung (Bedarf) der Medien ins Bewusstsein rufen, die in einer gegebenen Kultur aufgrund der dominanten Kommunikationspolitik zu verschwinden drohen. (Minderheitenschutz, Gleichgewicht der Kräfte). |