S. 83:
„...Mit und im Medium Frau kommunizierten die Menschen im Kontext
und als Verkörperung des gesamten Universums mit der Göttin,
man könnte sagen: nach den Gesetzen der biologisch-kosmologischen
Sprache der Natur. Nach dem ersten tiefen Einschnitt in der Kulturgeschichte,
dem Wandel vom Matriarchat zum Patriarchat, kommunizierten die Menschen,
über das Medium Opferritual, mit den Göttern bzw. dem Vater-Gott:
gemäß den Regeln der vom Totem bestimmten Magie. Bereits bei
diesen beiden Medien angelegt und vermutlich schon früh entsprechend
ausgeprägt war ein weiteres, drittes Medium: der Tanz, ganz und gar
getragen von der reinen, nonverbalen Körpersprache (vgl. auch Weidig
1984, 58ff.). Weil der Körper für den Menschen das Erste und
Unmittelbarste ist, war es naheliegend und logisch, ihn auch als eigenständiges
Ausdrucks- und Kommunikationsmedium zu nutzen. »Im Tanz und durch
Tanz kann sowohl kognitiv (...) als auch affektiv kommuniziert werden.«
(Weidig 1984, 72). Jutta Weidig spricht darüber hinaus vom Tanz auch
als einem »Medium, durch das Kultur gelernt und stabilisiert wird«,
ja vom »Tanz als Reflexion der Kultur« (1984, 70+76). Die
Menschen kommunizierten über das Medium Tanz die Teilhabe am Ganzen
und den Vollzug der Schöpfung bzw. die Verehrung der Göttin,
der Götter im Ritual. Deshalb sprach man mit Recht vom »Kreislauf«
bzw. vom »Kreis als Symbol im Tanz«, als »Symbol für
die göttliche Schöpfung, für Vollkommenheit, Einheit, Ganzheit«
(Bödeker/Thiele 1988, 71ff.). Der Tanz mit seinen Kreisformen war
Zentrierung und Orientierung des Menschen im Kosmos.
Mit dem Tanz und im Tanz kommunizierten die Menschen aber auch miteinander.
Der Tanz war das erste Medium primär intersubjektiver, das erste
Medium reiner Mensch-zu-Mensch-Kommunikation der Kulturgeschichte. Zugleich
zeigt sich im Tanz jene ursprüngliche Einheit von Kommunikation und
Gestaltung, die im Zuge der Ausdifferenzierung der verschiedenen Medien
und ihrer Funktionen schon mit den frühen Hochkulturen überdeckt
werden und später verlorengehen sollte (z.B. Hambly 1926, 15ff.)....“
|