Fliesstext Die KomSofo als linearer, paralleler und rückgekoppelter Prozess
   
Das Ablaufschema der KomSofo ist ein sukzessives Modell, welches die Komplexität der vielfältigen parallelen Prozesse und des wiederholten Durchlaufens gleicher Phasen auf einen linearen Ablauf reduziert. Diese Vereinfachung ist gerechtfertigt, weil sie von den Beteiligten in der Forschungspraxis auch immer wieder vorgenommen wird, um wechselseitiges Handeln zu ermöglichen. Man einigt sich darauf ‘Daten zu erheben’, obwohl klar ist, dass in diesem Prozess auch schon Auswertungen erfolgen und Rückkopplungen zwischen den Forschern und dem untersuchten System auftreten. Datenerhebung, -auswertung und -rückkopplung/Intervention sind parallele Prozesse. Selbstwahrnehmung, Umweltbeobachtung und Reflexion sind beständige Aufgaben, aber man muss sich in der sozialen Kooperation darauf einigen, was gerade als kollektives Aufgabe im Vordergrund stehen soll Im sozialen Prozess werden also Aufgaben fokussiert - ohne dass dadurch die latent mitlaufenden weiteren Aktivitäten unterbrochen werden. Es empfiehlt sich allerdings im Forschungsprozess diese Selbstsimplifikation mitzudenken und bei Bedarf auf die gerade nicht fokussierten anderen Prozesse umzuschalten.
Das Ablaufschema ist auch insofern eine Vereinfachung, als in komplexen Projekten die Datenerhebung, -dokumentation und -auswertung mehrfach durchlaufen werden. Selbstreflexive Phasen, vergleichendes Literaturstudium und Rückkopplungen beschreiben beständige Aufgaben im Forschungsprozess, die an verschiedenen Stellen abgearbeitet werden können und meist auch innerhalb eines Moduls – nach thematisiertem Programmwechsel – mehrfach eingesetzt werden können. Trotzdem hat sich der skizzierte Ablauf als Richtschnur, als Normalform, bewährt. Es gibt unterschiedliche Schwerpunkte im Verlauf der Forschungsprojekte und insofern sind Sukzessionsmodelle/Ablaufschemata erforderlich.
Krisenhafte Projekte zeichnen sich typischerweise durch häufige Abweichungen in der Reihenfolge und vor allem durch unmarkierten Wechsel zwischen den Phasen aus. Am deutlichsten wird dies im Extremfall des Vorziehens der letzten Phasen mit dem Ergebnis einer Neukonstitution des Forschungssystems (Modul 01), dem Auswechseln von Forschern, neuen Themen usf.

Hinzu kommt, dass das hier vorgestellte Ablaufschema an einer und für eine bestimmte Forschungskonstellation entwickelt ist. Es geht von einer Trennung von untersuchtem System, Auftraggeber und Forscherteam aus – wie dies für Qualifikationsarbeiten an den Universitäten typisch ist. Aber auch diese Rollentrennung ist in der Praxis nicht total. Der Auftraggeber, etwa der Dozent, mit dem eine Arbeitsgruppe ein Forschungsthema abgesprochen hat, wird immer wieder auch zum Teil des Forscherteam, beispielsweise, indem er sich an Auswertungen beteiligt oder Anregungen für die Erhebungsverfahren gibt. Das untersuchte System kann als Geldgeber auftreten und so auch in die Funktion eines Auftraggebers kommen. Auch was das Setting anlangt, müssen wir also von einer Synchronizität ausgehen: Funktionen/Rolle/Positionen lassen sich auseinanderhalten, aber eine Person kann zugleich in mehreren Rollen auftreten. Es ist gut, wenn sie dies bemerkt.

Es ist ein Kennzeichen der KomSofo, dass sie in Bezug auf die Dynamik parallele Prozesse und in Bezug auf die Architektur (Komplexität) des Forschungssystems mehrdeutige Rollen in Rechnung stellt.
Auch was die Ergebnisse des Forschungssystems für die Umwelt anlangt, sind zwar Schwerpunkte anzustreben, aber zugleich ist damit zu rechnen, das mehrere Ansprüche bedient werden. Mindestens werden sowohl Beiträge für die Theorienbildung (Modelle, Grundlagenforschung) geliefert als auch durch die Anwendung von Theorien in Fallstudien praktische Effekten im Alltag erzielt und drittens überprüft diese Praxis auch wieder theoretische Modelle.

Parallele Ziele ...
Neben diesen prinzipiellen Relativierungen des Schemas und damit auch der Gliederung des Buches und der Datenbank gibt es noch Modifikationen zu beachten: Je nach den Aufgaben und Einbettungen des Forschungsprojekts, der Zahl und Qualifikation der beteiligten Forscher u.v.a.m. variiert Setting und Ablauf der Forschung.



 


 

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