Fliesstext An technische Medien gebundene Methodik
   
Die Form der gemeinsamen kommunikativen Datenerhebung durch Teilnahme an der Interaktion im sozialen Feld, Gruppendiskussion, bestimmte Formen des Gesprächs und ähnliches ist natürlich nur eine Phase im Forschungsprozess. Das Ziel ist ja letztlich, die latenten Programme oder Erwartungen/ Wissensbestände zu ermitteln. So gilt es im Beispiel der Marktforschung zu verstehen, welche Programme den Käufer wie oft in welche Läden zu welchen Waren und Warenmengen führen. Dies ist möglich, wenn man die kommunikativ gewonnenen Daten in einer weiteren Forschungsphase reflexiv betrachtet. In dieser Phase sind die Untersuchungspersonen natürlich nicht mehr gegenwärtig.
Die reflexive Bearbeitung der Daten setzt voraus, dass sie in einer geeigneten Form gespeichert und aufbereitet werden, das sind normalerweise Tonbandaufzeichnungen und deren genaue Verschriftlichung/ Transkription. (Technische Medien als Voraussetzung wissenschaftlicher Mikroanalysen dieses Typs!)
Die Transkriptionen dieser Tonband- oder auch Videoaufzeichnungen können beliebig genau angefertigt werden, sie enthalten, wie jeder, der sich damit einmal beschäftigt hat, leicht bestätigen wird, ungemein viele Informationen. (Oftmals wird dieser Form der Forschung von der quantitativ verfahrenden Soziologie vorgeworfen, sie arbeite mit zu geringen Materialmengen. Das ist nicht richtig, richtig ist vielmehr, dass sie andere Typen von Daten verwendet!)
Die Auswertung der Transkriptionen erfolgt nun auch wieder idealerweise kommunikativ, d.h. nicht durch einen einsamen Auswerter sondern in einem Gruppengespräch der Forscher.
Auch diese 'Datenverarbeitung' in der Forschergruppe wird aufgezeichnet und ausschnittsweise, zweckentsprechend genau verschriftet (transkribiert).
Dies ermöglicht nicht nur eine Mikroanalyse der Daten sondern auch die nachträgliche minutiöse Reflexion des eigenen methodischen Vorgehens. Letztere kann beschrieben werden und macht dann den Forschungsprozess einer intersubjektiven Überprüfung zugänglich.
(Dem Niveau dieser Technik muss übrigens die Kommunikationstheorie entsprechen - was bei den an der 'natürlichen' face-to-face Kommunikation orientierten Ansätzen nicht der Fall ist.)
Ich kann die einzelnen Schritte einer solchen Auswertung an dieser Stelle nicht nachzeichnen. Jedenfalls führt die Mikroanalyse zu einer Sammlung von Paraphrasen und über deren kommunikativ, und d.h. intersubjektiv kontrollierte Reduktion schließlich zu Hypothesen über die Programme der an dem Gespräch Beteiligten (oder über andere Gegenstände, je nachdem).
Üblicherweise wird nun eingewendet, dass diese Ergebnisse ja nur Vermutungen, eben Hypothesen seien. Das ist richtig, aber eigentlich kein Einwand sondern es beschreibt nur unsere soziale Realität: Wir können nie sicher wissen, was der andere mit seinen Äußerungen meint und nach welchen Programmen er sich gerade richtet. Und er kann dies umgekehrt natürlich in Bezug auf uns auch nicht wissen.

Beruhigend ist dabei, dass wir uns trotz dieser Vagheiten irgendwie verständigen- oder es zumindest immer wieder meinen.

www.kommunikative-welt.de Methoden ©Michael Giesecke