Beim Beschreiben und Verstehen kommunikativer
Prozesse und Systeme sind vom Wissenschaftler mindestens 3 Positionen einzunehmen.
Die des Sprechers/Senders, des Hörers/Empfängers und die des außenstehenden
Betrachters der Interaktion zwischen Sprecher und Hörer. |
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Standpunkte
des Forschers |
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Diese drei Positionen werden auch von den Beteiligten im
Alltag eingenommen: Der Sprecher versetzt sich mehr oder weniger bewusst
in die Situation des Zuhörers, der Zuhörer nimmt ebenfalls einen
Rollentausch vor, um seinen Gegenüber zu verstehen und in einer distanzierten
Haltung wird die Interaktion einschließlich des eigenen Verhaltens
noch einmal betrachtet.
Während im Alltag der Wechsel zwischen diesen Standpunkten unwillkürlich
verläuft, ist es für den Wissenschaftler günstiger, wenn
er konsequent alle drei Standpunkte einnimmt und er den Wechsel zwischen
ihnen explizit macht.
Eine besondere Herausforderung ist für den Wissenschaftler die Einnahme
der Standpunkte des Sprechers/Senders, wenn es um andere Kulturen, sei es
in historischer oder in geographischer Perspektive geht. Rein logisch betrachtet,
ist diese Einnahme des fremden Standpunktes ausgeschlossen, weil gerade
die Fremdheit zum Kriterium der Unterscheidung zwischen eigenen und fremden
Kulturen/Kommunikationssystemen genommen wird. Diese Paradoxie führt
in der wissenschaftlichen Literatur zu allerlei Spielereien mit dem Begriffspaar
des ’Eigenen’ und des ‘Fremden’. Praktisch taucht
dieses Problem in jeder alltäglichen Kommunikation in freilich mehr
oder weniger starker Ausprägung auf, und es wird mit mehr oder weniger
großem Erfolg gelöst. Wie schon Alfred Schütz nicht Müde
wurde zu betonen, sind uns die Standpunkte des Gegenüber nicht vollständig
einsehbar. Wir überwinden die Differenz im Alltag beständig durch
Annahmen (Idealisierungen). |
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Achtung |
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Die Übernahme des Standpunktes des
Gegenübers wird verfehlt, wenn sich der Sprecher selbst mit dem
Gegenüber identifiziert, sich selbst auf dessen Standpunkt stellt.
Es finden dann Übertragungen/projektive Identifikationen statt,
die der Wahrnehmung des Anderen im Wege stehen. |
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Die Übernahme des ‘eigenen Standpunktes’
wird verfehlt, wenn sich der Hörer auf den Standpunkt des außenstehenden,
unbeteiligten Betrachters stellt. Er ist in dieser Metaposition nicht
eigentlich am Gespräch beteiligt, versteht nicht aus der Perspektive
des Handelnden bzw. Erlebenden sondern kodiert lediglich die Interaktion
– kühl und distanziert. |
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Hilfen |
Alle Beteiligten an sozialer Kommunikation nehmen ihre
Position und Aktivitäten selbst wahr, sind prinzipiell in der Lage,
diese Wahrnehmung selbst noch einmal zu beobachten und die Ergebnisse von
Selbstwahrnehmung und Reflexion nach Außen zu tragen. Diese Selbstkommentare
erleichtern es den Gesprächspartnern und den Wissenschaftlern, die
Perspektiven des anderen zu erkennen. |
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