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Die standardschriftsprachliche Transkription |
Am bekanntesten ist selbstverständlich die standardschriftsprachliche
Transkription. Wir alle haben sie in der Schule gelernt. Unsere Schrift
wird zwar als 'phonetische' Schrift bezeichnet. Sie kodiert aber keineswegs
'lautgetreu', was wir hören. Zum einem ist die Schrift historisch
nicht in erster Linie dafür geschaffen worden, um gesprochene Sprache
zu dokumentieren. Verschriftet hat man vielmehr zunächst, um sein
individuelles Gedächtnis zu entlasten und dann wurden schriftsprachliche
Texte zu Medien in ganz anderen als mündlichen Kommunikationssituationen
(Brief, gedrucktes Buch) oder sie dienten einem Beteiligten in dem Gespräch
zur Vor- oder Nachbereitung seiner Rede. Es war also gar nicht beabsichtigt,
die 'Wechselrede' in einem anderen Medium zu modellieren. Entsprechend ist unsere Schriftsprache auch keineswegs lautgetreu, sondern sie ist ein Kompromiss aus mehreren syntaktischen, ethymologischen, morphologischen, textlinguistischen und anderen Prinzipien. Sie fügt dem, was wir hören, etwas hinzu: z.B. die Satzzeichen und die Groß- und Kleinschreibung. Zugleich geht sie selektiv mit dem Gehörten um: Satzmelodie und Betonung werden nicht kodiert und viele unterschiedliche Laute werden durch gleiche Grapheme/Buchstaben gekennzeichnet. Die 'Theorien', die hinter diesem Kodesystem stehen, haben wir im Grammatikunterricht gelernt, sie bestimmen unseren Sprachbegriff. Aber es ist eben ein Sprachbegriff, der für die Gestaltung schriftsprachlicher Kommunikation und vor allem für die Produktion und das Verstehen von typographischen Texten entwickelt wurde. Der 'Kode' der gesprochenen Sprache ist ein ganz anderer. Oder anders ausgedrückt: Diejenigen Normen, welche die Verständigung in mündlichen Kommunikationssituationen mit häufigem Sprecherwechsel ordnen, sind andere als jene, die wir bei der Produktion von Referaten, Studienarbeiten usf. zugrunde legen. Erfahrungsgemäß ist es anfangs nicht einfach, sich beim Verschriftlichen der Tonbandaufzeichnungen von den standardsprachlichen Normen zu lösen, die vielfältigen 'Versprecher', Pausen, die unvollständigen Sätze usf. zu notieren, ohne der Versuchung zu erliegen, standardsprachlich geglättete Protokolle anzufertigen. |