Fliesstext Das sequentielle Vorgehen
   
Für die Methode der kommunikativen Sozialforschung folgt aus diesem mehrstufigen Aufbau sozialer Informationsverarbeitung, dass auch sie bei ihren Rekonstruktionen sequentiell vorgehen muss. Der Forscher muss die Zeitstruktur der Interaktion berücksichtigen und sich bei seinen Analysen stets, wie die Beteiligten in den alltäglichen Gesprächen auch, auf der Höhe der letzten Äußerung bewegen. Wir wissen nicht, was als nächstes gesagt wird - und die Forschergruppen müssen dieses Axiom befolgen, obwohl ihnen die Transkriptionen prinzipiell auch den Zugang zu späteren Handlungssequenzen öffnen. Der Forscher wird also bei seinen Paraphrasen nach jeder Äußerung einen Schnitt machen und nicht zugleich Informationen mit in die Analyse einbeziehen, die erst später gegeben werden, und die deshalb die Beteiligten in der untersuchten Interaktion gar nicht berücksichtigen können. Er soll den 'Vorteil' der elektronischen und graphischen Speicherung zunächst nicht nutzen, weil er sich damit nur von den Standpunkten der Beteiligten entfernen würde. Man wird also in der Analyse in kleinen Schritten vorgehen. Sie werden in etwa so groß sein, wie das Kurzzeitgedächtnis in alltäglichen Gesprächen währt. dassman davon ausgehen muss, dass wir im Alltag diesen Zusammenhang auch berücksichtigen, kann unterstellt werden, dass wir den Ablauf der Gespräche so organisieren, dass die einzelnen Gesprächseinheiten unsere Aufmerksamkeit nicht überfordern. Wir sequenzieren unseren Redefluss selbst - indem wir Pausen machen, betonen, dem Gegenüber den Turn überlassen oder selbst unterbrechen, wenn die Äußerung zu lang gerät.

Als Forscher gibt uns dies die Gelegenheit unsere Analyseeinheiten an den Sequenzen zu orientieren, die die Beteiligten selbst gestalten - vor allem also an dem Sprecherwechsel.

Neben den Mikrosequenzen, die unsere alltäglichen Gespräche ordnen und mit denen sich der Forscher im Rahmen der mikroanalytischen Sequenzanalyse beschäftigt, sind auch längerfristige Ordnungsebenen (Makroeinheiten) bei der Untersuchung von Gesprächen zu beachten.

www.kommunikative-welt.de Methoden ©Michael Giesecke