Fliesstext Die Vorphase
   
Unter der Gegenstandsbestimmung verstehe ich die Festlegung desjenigen sozialen Phänomens, von dem ein Normalformmodell geschaffen werden soll. Dies geschieht durch Sammlung und Auswertung des vortheoretischen, alltäglichen und professionellen Wissens der an der Untersuchung beteiligten Forscher. Sind der Gegenstand der Untersuchung organisierte Sozialsysteme (Institutionen) dann sollte möglichst rasch auch mit Vertretern (Professionals und Klienten) der zu untersuchenden Institution Kontakt aufgenommen werden. Ihr Wissen ist für die Identifizierung und Abgrenzung der Phänomene letztlich unverzichtbar.
Der Gegenstand ist hinreichend festgelegt, wenn das Phänomen als Exemplar einer bestimmten Art sozialer Systeme behandelt werden kann. Dazu wird man in der Forschergruppe Annahmen über seine Dimensionen machen, die natürlich zunächst nur sehr vage sind. Die Angemessenheit dieser Annahmen wird sich im Fortgang der Untersuchung herausstellen.
Die Beschreibung eines einzelnen Exemplars führt nicht zu Normalformmodellen. Voraussetzung für die Modellrekonstruktion sind vielmehr mehrere Exemplare der gleichen Art. Wie findet man nun solche Exemplare und welche wählt man aus?
Soziale Phänomene haben einen Namen und man kann sie sich deshalb 'zeigen' lassen. Man kann Kommentare über sie einholen und um Beschreibungen bitten.
Der einfachste Fall der Indentifizierung von Exemplaren ist die 'ostensive Definition'. Man einen Namen und lässt sich das Phänomen von anderen Mitgliedern der Kulturgemeinschaft oder im Falle von Institutionen am besten von den Professionals zeigen. Wann hast du das letzte Mal erzählt? War das eben ein Verkaufsgespräch? Wo finden Tarifverhandlungen statt? usf. (Es ist übrigens immer sinnvoll, solche Definitionen schon auf Tonband aufzuzeichnen!)
Vgl. zur Datenerhebung Giesecke 1988, S. 143ff.

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