Zusammenfassung Der Forschungsablauf bei der Normalformrekonstruktion
  Die folgende Darstellung des Ablaufs der Normalformrekonstruktion (NFR) ist eine vereinfachte Version der Tabelle 8 in Giesecke 1988, S. 140
 
1. Vorphase
1.1. Festlegung des Gegenstands der Modellbildung
1.2. Auswahl von (prototypischen) Exemplaren
1.3. Datenerhebung und Dokumentation
2. Rekonstruktion der Strukturen der dynamischen Dimension
2.1. Beschreibung der Kooperationsstruktur
2.2. Beschreibung der kommunikativen Struktur
2.3. Beschreibung der Interaktionsstruktur
2.4. Vergleich der Strukturbeschreibung der verschiedenen Exemplare unter Rekorrenz- und Kohärenzgesichtspunkten
2.5. Sequentielle Koordination der Strukturen zu einem Ablaufschema
3. Rekonstruktion der Strukturen der selbstreferentiellen Dimension
3.1. Beschreibung der manifesten Selbstbeschreibungen der Untersuchungsobjekte
3.2. Beschreibung der selbstregulativen Struktur
3.3. Beschreibung der Maximen und Mechanismen die zur Krisenbewältigung eingesetzt werden
3.4. Beschreibung externer und interner explizierter Strukturnormierungen
3.5. Vergleich der Beschreibung der verschiedenen Exemplare und Koordination der Strukturen
4. Rekonstruktion der Strukturen der Differenzierungsdimension
4.1. Beschreibung der funktionalen Anschlusssysteme (Output)
4.2. Beschreibung der Systeme, von denen das Bezugssystem Leistungen erhält (Input)
4.3. Beschreibung der störenden Systeme und Abgrenzungsprobleme
4.4. Ermittlung der typischen Umweltsysteme und -beziehungen durch Vergleich der Beschreibungen der verschiedenen Exemplare und durch Koordination der Strukturen
5. Rekonstruktion der Strukturen der Komplexitätsdimension
5.1. Beschreibung der Rollen
5.2. Beschreibung der symmetrisch und asymmetrischen Sozialbeziehungen
5.3. Ggf. Beschreibung der Subsysteme des Bezugssystems
5.4. Vergleich der Strukturbeschreibungen der verschiedenen Exemplare
5.5. Koordination der Beschreibung der dynamischen Dimension und der Differenzierungsdimension mit den Beschreibungen der Komplexitätsdimension und Festlegung eines idealen Settings.
6. Integration der Strukturrekonstruktion der vier Dimensionen
6.1. Vergleich und Koordination der Beschreibung der vier Dimensionen
6.2. Festlegung eines Standardfalls
6.3. Einordnung des Normalformmodells in die Taksonomie der kommunikativen Welt
7. Normalformtest
7.1. Datenergänzung
7.2. Anwendung des Normalformmodells auf die neu erhobenen Daten
7.3. Überprüfung von ausgewählten Aussagen des Modells durch spezielle Verfahren, wie z. B. Krisenexperimente, Vergleich mit Ergebnissen von anderen Untersuchungsverfahren usw.
8. Reflexive und praktische Nutzung des Modells
9. In allen Phasen kann die soziale Selbstreflexion des Forschungssystems als Medium der Datenerhebung und Auswertung eingesetzt werden (Nutzung von Spiegelungsphänomenen)

Der Forschungsablauf wird allerdings weder durch das Modell sozialer Systeme noch durch die besondere Festlegung der Ablaufstruktur des Forschungssystems in seiner Reihenfolge, dem Detaillierungsniveau und der Datenauswahl vollständig determiniert. Die Ablaufstruktur, die ich darstelle, ist nur eine mögliche. Man kann z. B. bei der Beschreibung der Dimensionen auch eine andere Reihenfolge wählen: Manchmal mag es sinnvoll erscheinen, mit der dynamischen Dimension zu beginnen, ein andermal ist vielleicht die selbstreferentielle Dimension besser als Beginn der Beschreibung geeignet. Auch bezüglich der Reihenfolge, in der die Strukturen der einzelnen Dimensionen analysiert werden, ist aus systematischen Gründen keine Festlegung möglich: Beispielsweise kann man sich überlegen, ob es besser ist, die Kooperationsstruktur zunächst und erst danach die Kommunikations- und dann die Interaktionsstruktur zu beschreiben oder ob man den umgekehrten Weg wählt.

Die Unterscheidung zwischen der Beschreibung eines Exemplars und dem Vergleich der Beschreibung von mehreren Exemplaren ist ebenfalls schematisch und praktisch nicht konsequent durchzuhalten. Wenn man einmal mehrere Exemplare kennt, wird diese Kenntnis auch mehr oder weniger bei der Beschreibung eines einzelnen Exemplars berücksichtigt werden, der 'Vergleich' antizipiert werden.

Die in der Vor- und der Testphase geschilderten Aktivitäten werden sich praktisch z.T. ebenfalls 'zwischendurch', während der Abwicklung der anderen Arbeitsaufgaben erledigen lassen.

www.kommunikative-welt.de Methoden ©Michael Giesecke