Fliesstext Aktionsforschung als Intervention
   
 
Der Aufbau der soziometrischen Organisationsentwicklung zeigt deutlich, dass es dieser Richtung nicht um eine bloße Deskription geht: Schon die Erhebung der Soziogramme soll dem untersuchten System einen besseren Einblick in seine eigenen Strukturen ermöglichen - ihre Diskussion soll Ursachen und bis dato latente Erwartungen zutage fördern und damit das System verändern. Im Beispiel des Wohnheims verändert die Durchführung von "Sympathiewahlen" schon das Klima, macht latente Strukturen bewusst, durchkreuzt die eine oder andere Erwartung/Befürchtung. Und diese soziale Selbsterfahrung wird durch die Rollenspiele (Psychodrama) noch vertieft.
Bei allen weiteren Ausdifferenzierungen ist dieser Gedanke das einende Prinzip der Aktionsforschung geblieben. So heißt es in dem Standardwerk von Wendell L. French und Cecil H. Bell (jr.): Organisationsentwicklung. Sozialwissenschaftliche Strategien zur Organisationsveränderung. Bern/Stuttgart 1982 u. ö.: "Organisationsentwicklung ist zugleich ein Ergebnis und eine Form der angewandten Sozialwissenschaft; genauer gesagt ist es ein Programm für die Anwendung der Sozialwissenschaft in Organisationen". (S. 70) Man kann auch sagen: Sozialwissenschaft im Sinne der Aktionsforschung soll eine Form der Organisations-, Gruppen- oder Persönlichkeitsentwicklung sein. Die spezifische wissenschaftliche Erkenntnis wird in diesem Kontext dadurch erreicht, dass zuvor latente Strukturen bewusst gemacht werden und die Folgen der Veränderung sozialer Strukturen sehr genau beobachtet und beschrieben werden können.

 

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