Theoriediskussion Grenzen der formalen Konversationsanalyse
   
Die formale Konversationsanalyse löst die Gespräche, auch komplexe Gruppengespräche oder institutionelle Verhandlungen prinzipiell in Dyaden auf und geht strikt sequenziell vor. Diese Form der Reduktion der Komplexität von Gesprächen wird nicht von allen Konversationsanalytikern akzeptiert. W. Kallmeyer und F.Schütze gehen beispielsweise von "weiträumigen konditionellen Relevanzen" aus, die Gespräche strukturieren. (Dies. 1976. Sowie: Zur Konstitution von Kommunikationsschemata der Sachverhaltsdarstellung. In: D. Wegner (Hg.) Gesprächsanalysen. Hamburg 1977, S. 159 - 274Vgl. a. Streeck, 1983. S. 88 ff; Bergmann 1980, S. 28 ff) Im Hintergrund steht hier die schon vom Begründer der modernen Soziologie, Emile Durkheim, und dann immer wieder, zuletzt von der systemischen Soziologie vertretene Ansicht, dass mehrere "Emergenzniveaus des Sozialen" auseinanderzuhalten sind. Die Struktur institutionellen Handelns lässt sich danach nicht in dyadische Spielzüge zerlegen, ohne dass konstitutive Ordnungsstrukturen verlorengehen. Entsprechend dieser Auffassung hängt die Konstitution von Turns nicht von Aktivitäten der (zwei) Interaktionspartner, sondern auch von den übergeordneten sozialen Systemen ab, als deren Repräsentanten die Gesprächspartner gerade agieren. Es gibt Gruppennormen und institutionelle Regeln, die unabhängig vom Willen der Interaktanten Definitionsmacht ausüben, von gesellschaftlichen (kulturellen) Normen ganz zu schweigen.

Mittlerweile kann man sagen, dass die Forschung mindestens von vier Ordnungsebenen ausgeht, die bei der Untersuchung von Gesprächen berücksichtigt werden können.

Die Ordnungsebenen komplexer Gespräche


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