Die Reflexion von Spiegelungenist eine Methode, in der sich die Eigenart der Kommunikativen Sozialforschung besonders deutlich ausdrückt. Die empirische Sozialforschung kennt diese Methode nicht. |
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Die Arbeit mit Spiegelungsphänomenen ist in der therapeutischen Arbeit (Psychoanalyse) und in der Gruppendynamik (Lewin) entstanden, und sie wird seit längerem als Instrument der Diagnose von psychischen und sozialen Strukturen in Beratung/Supervision und Organisationsentwicklung genutzt. |
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In der Forschergruppe werden Positionen von Rollen des untersuchten Sozialsystems eingenommen (Identifizierung und Gegenabhängigkeiten) und Prozesse des betrachteten Systems wiederholen sich in der Kommunikation der Forscher. |
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Diese Inszenierungen sind unvermeidlich. Man kann sie durch strenge methodische Vorkehrungen, vor allem durch die Zerstörung des sozialen Charakters der Auswertung durch Einzelarbeit und durch Geräteeinsatz (Computerauswertung!) minimieren. |
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Vermeidbar ist nur die bewusste Analyse von solchen Wiederholungen. Das ist ungeschickt, weil ihre Reflexion Aufschluss über die Komplexität und Dynamik des untersuchten Systems (Homomorphie!) gibt. |
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Inszenierungen ereignen sich. Sie können nicht geplant werden. Sie fallen als Abweichungen vom normalen Auswertungsbetrieb auf. Diejenigen, die inszenieren, bemerken dies in aller Regel zuallerletzt. Es sind meist die 'Betrachter', die die Inszenierungen als Störung erleben und sie in irgendeiner Form thematisieren. |
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Hat sich das Geschehen aus dem sozialen Umfeld in der Forschergruppe intensiv wiederholt, kann die Störung abgebrochen werden. Die 'Bühne wird gekippt', die Schauspieler versuchen einen distanzierten Standpunkt zu ihrer Rolle zu gewinnen. Hierbei können ihnen die 'Zuschauer', die das 'Drehbuch' meist besser präsent haben, helfen. |
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Es kommt dann alles darauf an, dass die Spieler möglichst ausführlich über ihr Erleben während der Inszenierung berichten. Solche Informationen fehlen ja bekanntlich in den Transkripten/Interviewprotokollen weitgehend. Diese dokumentieren vor allem das Verhalten und nur gelegentlich Reflexionen über das Verhalten und den Ausdruck von Erleben. Wenn man davon ausgeht, dass sich Strukturen von Sozialsystemen (z.B. Verhalten und Erleben der Beteiligten) ineinander spiegeln können, dann bekommt das Forschungssystem jetzt Gelegenheit, die Datenbasis durch Informationen über das mögliche Erleben der Beteiligten zu ergänzen. |
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Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Arbeit mit Spiegelungsphänomenen noch Datenerhebung und erst im nächsten Arbeitsschritt wird in die Auswertungsphase eingetreten. Man überprüft inwieweit das Erleben der Inszenierer mit jenem der beobachteten oder interviewten Personen/soziale Systeme übereinstimmt. Dazu vergleicht man zunächst inwieweit das Verhalten der ersteren mit dem dokumentierten Verhalten der letzteren übereinstimmt. Bis zum Beweis des Gegenteils geht man davon aus, dass Verhaltenswiederholungen auch Erlebenswiederholungen entsprechen. Man formuliert entsprechende Hypothesen und überprüft sie. Methodisch kontrolliert kann das insbesondere dann geschehen, wenn auch die Interaktion in der Forschergruppe elektronisch aufgezeichnet und dann transkribiert wurde. In jedem Fall geht es in dieser Phase um einen Vergleich zweier Sozialsysteme! Man nutzt das (bessere) Verständnis des eigenen Forschungssystems zum Verständnis des beforschten Systems. |
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In der letzten Phase werden die Ergebnisse der Auswertung der Spiegelungsphänomene mit den Ergebnissen der (betrachtenden) Mikro- und Makroanalyse verglichen. Übereinstimmungen erhärten die entsprechenden Hypothesen in beiden Auswertungsmethoden.
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Die Kommunikative Sozialforschung hat auch keine Vorbehalte, die Forschergruppe zeitweise zu vergrößern und sogar die untersuchten Personen mit in den Auswertungsprozess einzubeziehen. Eine Möglichkeit hierzu ist das Triangulationsverfahren, welches immer auch zu einer Intervention des Forschungssystems in seine Umwelt führt und insoweit auch die Anwendungsmöglichkeiten und -bereiche der Kommunikativen Sozialforschung, aufzeigt. |