Das Erkennen des Kundenwunsches im Blumenfachgeschäft.

Eine mikroanalytische Fallstudie multimedialer Kommunikation zwischen Kunde und Floristin.

Sabine Meyer, September 1995

Das Hauptanliegen dieser Arbeit besteht darin, den Einfluß des nonverbalen Verhaltens in Verkaufsgesprächen im Blumenfachgeschäft zu ermitteln. 

Welche nonverbalen Verhaltensweisen werden von den InteraktionspartnerInnen wahrgenommen?

Welchen Einfluß hat nonverbales Verhalten im Verkaufsgespräch und welche Wirkung hat es auf die Kundenwunscherkennung?

Der zweite Aspekt der Untersuchung ist die Suche nach 'leading' durch nonverbale Verhaltensweisen. 

Es konnte ein "leading" nachgewiesen werden. Das leitende Element ist in diesem Fall die Blickorientierung.

Erläuterung der verwendeten Symbole:

Blickorientierung
(stellt Blickrichtung der Interaktionspartner dar)

Ein Leading durch Blickorientierung (stellt sich anhand dieser Symbole z.B. folgendermaßen dar)

Die folgende Sequenz befindet sich am Anfang der Aufzeichnung des Gespräches. Zwischen den InteraktionspartnerInnen herrscht kurzzeitig Blickkontakt (Bild 1 u. 2), doch bereits in Bild 3 wendet der Kunde seinen Kopf ein wenig nach rechts. Dieses Kopfdrehen dauert solange an, bis er in Richtung der kräftigen Farben im Schnittblumenbereich schaut. Frau Wilheine schaut zunächst in das Gesicht des Kunden und orientiert dann ihren Blick innerhalb von zwei Sekunden in dessen Blickrichtung. Hier liegt ein 'leading' durch Blickorientierung seitens des Kunden vor.
Die Bilder 7 - 10 zeigen, daß Frau Wilheine am Kunden vorbei in Richtung des Schnittblumenbereich geht. Vermutlich ist ihre Bewegung eine Folge (oder Reaktion) seines leadings.

Meine ursprüngliche Behauptung, die Kundenwunscherkennung sei eine alleinige Leistung der Floristin, muß an dieser Stelle neu formuliert werden. Ich bin der Meinung, daß es sich in diesem Fall vielmehr um eine Kundenwunscherarbeitung handelt. Beide Beteiligten nähern sich durch das leading dem Kundenwunsch gemeinsam an.
Mit Hilfe einer Mikroanalyse und eines Multi-Kanal Ansatzes konnte ich Bewegungen analysieren, die mit dem bloßen Auge nicht hätten untersucht werden können.
Die abschließende Feststellung betrifft eine weitere überraschende Hypothese. Anscheinend gehören die Erkenntnisse meiner Untersuchung zum Wissensschatz von Frau Wilheine.
Ihr ist anscheinend bewußt, "daß man Kunden auch mal in die Augen gucken muß" und "daß Kunden die Blumen, die sie besonders gern mögen, auch ziemlich intensiv anschauen". (Vgl. Transkription 1; Zeilen 124-127; 181-184).
Ich habe demnach dieses Wissen anhand der vorliegenden Arbeit bestätigt und mit einer Dokumentation konkretisiert.