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Kommunikationsmedien als Klassifikationskriterien in der Biologie |
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Bekanntlich haben die Biologen seit der frühen Neuzeit
ihre Klassifikationen der Tier- und Pflanzenwelt nach visuellen Merkmalen
vorgenommen. Man betrachtet die Fortpflanzungsorgane der Pflanzen und unterscheidet
so verschiedene Arten, man bildet Typen von z. B. Hufformen und kann so
die ,Huftiere' feiner klassifizieren. Diese Vorgehensweise hängt natürlich
mit der Prämierung der visuellen Wahrnehmungsorgane in der menschlichen
Gesellschaft der Neuzeit zusammen. In den letzten Jahrzehnten hat sich allerdings gezeigt, daß diese Konzentration auf einen lnformationstyp nicht allen Tierarten gerecht wird. Insbesondere scheinen auch Diskrepanzen aufzutreten zwischen den Selbstbeschreibungen der Tiere und den Klassifikationen der Biologen: Wenn man beispielsweise davon ausgeht, daß Frösche sich nur innerhalb der eigenen Art fortpflanzen, dann, so haben empirische Untersuchungen festgestellt, stimmen ihre ,Artbestimmungen' nicht immer mit derjenigen überein, die die Biologen aufgrund der Färbung der Frösche vorgenommen haben. In den sechziger und siebziger Jahren hat man nun festgestellt, daß die weiblichen Frösche ihre Artgenossen aufgrund des ,Quakens' unterscheiden. Sie verwenden also akustische Merkmale zur Artbestimmung. Diese lautlichen Unterschiede sind allerdings so gering, daß es spezieller Aufzeichnungsgeräte und langwieriger Forschung bedurfte, bis es den Wissenschaftlern gelang, Artbestimmungen aufgrund der Klangfarbe und der Frequenz des Quakens festzulegen. Im Laufe der Jahre hat man eine ldentifikationskarte für die verschiedenen Arten mit Hilfe eines Audiospektogramms angelegt. ''Auf diese Weise haben die Forscher herausgefunden, daß zahlreiche Frösche, von denen man angenommen hatte, daß sie verschiedenen Arten angehören, in Wirklichkeit nur örtlich abgewandelte Formen oder individuelle Abwandlung einer und derselben Art sind. "6 Man kommt also mit anderen Worten zu unterschiedlichen Klassifikationen, je nachdem mit welchen Sinnesorganen der Biologe seine Informationen beschafft. Es scheint dabei sinnvoll zu sein, wenn die Wissenschaftler in einer quasi ethnomethodologischen Einstellung die Sinneskanäle und lnformationsmedien berücksichtigen, die von der jeweiligen Tiergattung bevorzugt benutzt werden. |