Kommunikations-, Natur- oder Kulturtheorien, die einen
ontologischen oder typologischen Parameter berücksichtigen, müssen auch
Aussagen über die Entstehung und den Zusammenhang der Typen machen. In der
naturwissenschaftlichen Auffassung der Naturgeschichte stehen am Beginn
abiotische, anorganische Medien. Erst im Laufe der Zeit entstehen einfache
Lebewesen, Pflanzen, ein- und mehrzellige Tiere und später der Mensch. Das
Gleiche gilt auch für die Natur- und Kulturgeschichte der Informationen/Informationsmedien.
Vom Urknall bis zu unserer Gegenwart entstehen immer neue Medien mit anderen
Merkmalsmustern. Die unbelebte Natur wird nicht durch Hormone gesteuert,
die Pflanzen haben kein Nervensystem, die niederen Tierarten keine Psyche,
die etwa mit jener der Säugetiere vergleichbar wäre. Diese Emergenz neuer
Formen von Information (und von Leben) in Abhängigkeit von der Zeit stellt
die Abbildung "Evolution der Informationstypen" dar. |
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Das Stufenmodell ist jedoch kein einfaches Wachstumsmodell.
Es stellt in Rechnung, dass immer wieder Arten aussterben und Medien in
Vergessenheit geraten. Kulturveränderung braucht nicht als ein synthetischer
Prozess abzulaufen. Es sind auch Vernichtungsprozesse, totale Metamorphosen
möglich. In vielen Fällen kann das neue Emergenzniveau nur durch die Auslöschung
des vorgefundenen, älteren erreicht werden. So gesehen ist Kulturentwicklung
sowohl ein Prozess von 'totaler' als auch von 'unvollständiger' Metamorphose:
„In höheren und komplexeren Sozialstrukturen findet man immer Reste bzw.
Anachronismen wieder. Gerade diese Reste aus vorhergehenden Phasen bergen
die Möglichkeit sozialer Spannungen in sich."1 |
Um diesen sowohl substitutiven als auch akkumulativen
Prozess zu beschreiben, gibt es verschiedene philosophische und naturwissenschaftliche
Vorschläge. Hegels Konzept der Negation als Aufhebung und Bewahrung beispielsweise
versucht diese Aufschichtung ebenso zu fassen wie die Idee der unvollständigen
Metamorphose, die etwa bei J. W. von Goethe auftaucht. Die Biologie interpretiert
die Entstehung der Arten auch als Prozess der Koevolution und Systembildung.
Niedere Organismen unterscheiden sich von höheren dadurch, dass sie weniger
komplex aufgebaut sind. Oder anders: Pflanzen sind Ökosysteme, die sowohl
aus anorganischen als auch aus organischen Medien aufgebaut sind. Tiere
existieren nicht nur als neurophysikalische Systeme, sondern setzen sich
auch aus organischen und anorganischen Elementen zusammen. Manche Menschen
hätten es vielleicht gerne, wenn sie als bloßes Bewusstsein existieren könnten.
Aber sie können sich von ihrem Leib und den elementaren Stoffwechselprozessen
ebenso wenig trennen wie von ihren Genen und der einfachen reflektorischen
Nerventätigkeit. Das neue Emergenzniveau baut auf älteren auf und integriert
(spiegelt) sie. Dabei stellen sich auf den höheren Stufen neue Vernetzungen/Hierarchien
zwischen den verschiedenen Typen von Informationssystemen oder Medien (Informationen)
her. Die älteren Medien haben in den jüngeren Ökosystemen sowohl die gleiche
als auch andere Funktionen. So ist das Essen der Menschen Teil von Stoffwechselprozessen,
wie sie für alle Tiere typisch sind, aber es hat auch andere (kulturelle)
Funktionen. Diesen Gedanken fasst die Abbildung "Evolution als
ökologischer Integrationsprozess" zusammen. |
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Wir können dieses Modell auch kultur- und medientheoretisch
interpretieren und statt 'anorganische Natur' etwa den Körper als leibliches
Informationsmedium, dann die anderen Informationstypen z. B. als Lautsprache,
Schrift, Buchdruck usf. verstehen. Die verschiedenen Kulturen erscheinen
dann als Ökosysteme mit einer zunehmenden Artenvielfalt an Kommunikationsmedien.
In der Abbildung sind die Kreise, die die unterschiedlichen Informationstypen
symbolisieren sollen, mit Bedacht unterschiedlich groß gewählt. Damit soll
ausgedrückt werden, dass sich die Bedeutung der Medien von Stufe zu Stufe
verschieben kann. Hier kann also auch das Konzept der Verschiebung angewendet
werden.
Die Darstellung des Stufenmodells zeigt, dass mehrere Veränderungskonzepte
miteinander kombiniert werden:
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