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Triadisches und dialektisches Denken |
Das hier skizzierte triadische Denken darf nicht mit dem
dialektischen Denken verwechselt werden. Sowohl bei Hegel als auch bei Marx
werden zwar die Prozesse dreifach geordnet, aber es gibt weder in temporaler,
noch in emergenztheoretischer, noch in struktureller Hinsicht eine Gleichwertigkeit
zwischen den 3 Faktoren. These und Antithese – in welcher geschichtsphilosophischen
oder anderen Interpretation auch immer – liegen vor der Synthese.
Die Synthese liegt auf einer anderen, höheren Ebene als Antithese und
These. Sie ist das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen nur zwei Faktoren,
eben von These und Antithese. So gesehen ist das dialektische Denken binäres
oder besser dyadisches Denken. Auch unter strukturellen Gesichtspunkten liegt dem dialektischen Denken keine Triade zugrunde. Nur These und Antithese gehören einer Art an und stehen untereinander in einer Relation. Die Synthese tritt nicht als dritter Faktor hinzu. Sie ist im Gegenteil das emergente Produkt der Relationierung von These und Antithese. Die Auflösung der Gegensätze, die Synthese steht als das Ziel an der Spitze ... und liegt auf einer anderen logische Ebene als These und Antithese. Dialektisches Denken gründet letztlich in einem Perfektionsmodell von Prozessen. Es hierarchisiert die Teilprozesse. Nur wegen dieser asymmetrischen Denkfigur konnte Karl Marx in seiner dialektischen Evolutionstheorie die kommunistische Gesellschaftsformation zum Endziel erklären. Aber da das Denken der Menschen in den europäischen Kulturen in vielen Bereichen Perfektionsmodelle benutzt, sind dialektische Modelle sinnvoll, um Menschen und Kulturen zu beschreiben. Ein dialektisches Entwicklungsmodell, das sich in der kulturgeschichtlichen Trendforschung bewährt hat, ist jenes von ‘Abhängigkeit, Gegenabhängigkeit und Autonomie’ (Vgl. ‘Von den Mythen der Buchkultur zu den Visionen der Informationsgesellschaft’) Das triadische Denken hält die Prozesse – oder andere Parameter – dagegen in der Schwebe. Vom theoretischen Modell her gibt es keine kausale, temporale oder andere Hierarchisierung zwischen den drei Faktoren. Erst in der empirischen Praxis neigt sich die Waage mal in Richtung des einen und mal in Richtung des anderen Pols. |