Standpunkte bei der Wahrnehmung kommunikativer Prozesse und
Systeme

 
Diese Standpunkte werden von den Beteiligten an der Kommunikation im Alltag ebenfalls mehr oder weniger bewusste eingenommen. Zwischen den Standpunkten wird frei oszilliert.
Für wissenschaftliche Beschreibungen ist die Einnahme aller drei Standpunkte und ein markierter Wechsel zwischen ihnen erforderlich.
 
Standpunkte bei der Wahrnehmung (dem Zuhören), Verstehen und Beschreiben
Beim Beschreiben und Verstehen kommunikativer Prozesse und Systeme sind vom Wissenschaftler mindestens 3 Positionen einzunehmen. Die des Sprechers/Senders, des Hörers/Empfängers und die des außenstehenden Betrachters der Interaktion zwischen Sprecher und Hörer. Diese drei Positionen werden auch von den Beteiligten im Alltag eingenommen: Der Sprecher versetzt sich mehr oder weniger bewusst in die Situation des Zuhörers, der Zuhörer nimmt ebenfalls einen Rollentausch vor, um seinen Gegenüber zu verstehen und in reflexiver Haltung wird auch die Interaktion einschließlich des eigenen Verhaltens noch einmal betrachtet.
Während im Alltag der Wechsel zwischen diesen Standpunkten unwillkürlich verläuft, ist es für den Wissenschaftler günstiger, wenn er konsequent alle drei Standpunkte einnimmt und er den Wechsel zwischen ihnen explizit macht.
Eine besondere Herausforderung ist für den Wissenschaftler die Einnahme der Standpunkte des Sprechers/Senders, wenn es um andere Kulturen, sei es in historischer oder in geographischer Perspektive geht. Rein logisch betrachtet, ist diese Einnahme des fremden Standpunktes ausgeschlossen, weil gerade die Fremdheit zum Kriterium der Unterscheidung zwischen eigenen und fremden Kulturen/Kommunikationssystemen genommen wird. Diese Paradoxie führt in der wissenschaftlichen Literatur zu allerlei Spielereien mit dem Begriffspaar des ’Eigenen’ und des ‘Fremden’. Praktisch taucht dieses Problem in jeder alltäglicher Kommunikation in freilich mehr oder weniger starker Ausprägung auf und es wird mit mehr oder weniger großem Erfolg gelöst.
 
Achtung
Die Übernahme des Standpunktes des Gegenübers wird verfehlt, wenn sich der Sprecher selbst mit dem Gegenüber identifiziert.
Es finden dann Übertragungen/projektive Identifikationen statt, die der Wahrnehmung des Anderen im Wege stehen.
Die Übernahme des ‘eigenen Standpunktes’ wird verfehlt, wenn sich der Hörer auf den Standpunkt des außenstehenden, unbeteiligten Betrachters stellt. Er ist in dieser Metaposition nicht eigentlich am Gespräch beteiligt, versteht nicht die Beteiligung aus der Perspektive des Handelnden bzw. Erlebenden sondern kodiert lediglich die Interaktion – kühl und distanziert.
 
Hilfen
Alle Beteiligten an sozialer Kommunikation nehmen ihre Position und Aktivitäten selbst wahr, sind prinzipielle in der Lage, diese Wahrnehmung selbst noch einmal zu beobachten und die Ergebnisse von Selbstwahrnehmung und Reflexion nach Außen zu tragen. Diese Selbstkommentare erleichtern es den Gesprächspartnern und den Wissenschaftlern, die Perspektiven des anderen zu erkennen.
 

www.kommunikative-welt.de Triadisches Denken ©Michael Giesecke