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Kongruenz und 'Stimmigkeit' als Basis guter Beziehungen |
Inkongruentem Verhalten liegen normalerweise innere Konflikte zugrunde.
Gelegentlich bemerkt man einander widerstrebende Stimmen in der eigenen
Persönlichkeit, die sich dann nach außen mitteilen. Das nonverbale Verhalten
gibt die wirkliche Einstellung wieder, während wir mit Worten etwas anderes
sagen. Eine Möglichkeit, zu mehr Echtheit zu kommen, ist es, diese Stimmen bewusst wahrzunehmen und einen inneren 'Konfliktdialog' zu führen ("Einerseits möchte ich gern ins Kino gehen - andererseits muss ich mich noch für die Prüfung vorbereiten"), die Seiten ehrlich abzuwägen oder ganz einfach den inneren Konflikt gegenüber einem Gesprächspartner, der vielleicht eine Anfrage gestellt hatte, zu verbalisieren (vgl. dazu auch die Vorgehensweise in Laborde, S. 98 ff.) Schwieriger wird es, wenn die verschiedenen innerpsychischen Bestrebungen auf tieferliegende Konflikte zurückgehen. Echtheit wird dann zum Problem, wenn sie mit 'Selbstoffenbarungsangst' verknüpft ist (vgl. dazu Schulz von Thun, S. 99 ff.) Selbstoffenbarungsangst entsteht in der frühen Kindheit aus dem Zusammenprall von kindlichen Wünschen/ kindlicher Eigenart und persönlichen oder gesellschaftlichen, durch wichtige Bezugspersonen verkörperten Normen, die die kindlichen Handlungsimpulse nicht zulassen oder in bestimmte Richtungen kanalisieren. Das Kind verinnerlicht die Verbote und entwickelt später Scham- und Schuldgefühle, wenn diese Wünsche wieder aktiviert werden. Man gerät an diesen Stellen automatisch, aber unbewusst in innere Konflikte. Laborde spricht in Anlehnung an Fritz Perls von 'Introjekten' und definiert diese als den "Mechanismus, durch den wir Normen, Einstellungen, Methoden des Handelns und Denkens, die nicht wirklich unsere eigenen sind, in uns inkorporieren ... Diese Normen, Einstellungen und Verhaltensweisen werden nicht zu bewussten Teilen unserer Persönlichkeit" ... sondern sie werden zu den "Teilpersönlichkeiten, die oft außerhalb unseres Bewusstseins operieren" (nach Laborde, S. 104). Auch ein starres Selbstkonzept steht direkten Gefühlswahrnehmungen und -äußerungen im Wege. Schulz von Thun zitiert das Beispiel eines Mannes, der das Selbstbild hat, jemand zu sein, der seine Frau, seine Kinder und seine Eltern uneingeschränkt zu lieben hat. Er wird sich kaum sporadische Hass- und Entfremdungsgefühle zugestehen können. Diese Gefühle werden abgewehrt, und, sofern sie auf Dauer nicht wahrgenommen werden können, in körperlichen Beschwerden somatisiert (Magen- und Rückenschmerzen bis hin zu Krebs sind Beispiele für psychosomatische Beschwerden). Selbstkonzepte entwickeln sich aufgrund von in der Kindheit verinnerlichten Beziehungsbotschaften. Sie gelten, wie bereits ausgeführt, als entscheidende Variable psychischer Gesundheit (vgl. Schulz von Thun, S. 187 ff.) |