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Carl Rogers und klientenzentrierte Gesprächsführung |
Zu seiner Person und seinen biographischen Erfahrungen: Carl Rogers (1902-1987) hat nach eigenem Bekunden viel von Otto Rank, einem der ersten Schüler Sigmund Freuds gelernt. Er wanderte nach Amerika aus, wurde dort bald an renommierten Universitäten Hochschullehrer und begann in den 40er Jahren, seine 'Klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie' auszuformulieren und zu begründen. Einer seiner bekanntesten Schüler ist vermutlich Thomas Gordon ('Lehrer-Schüler-Konferenz', 'Managerkonferenz', 'Familienkonferenz'). In seinem Aufsatz 'Rückblick auf die Entwicklung meines therapeutischen und philosophischen Denkens' 1) schildert Rogers die Genese seiner Weltanschauung und seiner Form des Beratungsgesprächs noch einmal eindringlich. Einige wichtige Gedanken seien hier aufgeführt:
Mit Freud teilt er die Überzeugung, dass das Tun und Handeln der Menschen nicht nur durch ihre Vernunft, sondern auch durch ihre Emotionalität und unbemerkte Regungen geprägt wird. Aber er betont immer wieder - und darauf mag zu einem Gutteil sein Erfolg gerade in Amerika zurückzuführen sein - dass jedes Individuum von Natur aus positiv eingestellt und zur konstruktiven Steuerung und Kontrolle des eigenen Verhaltens fähig ist. Während Freud stärker die Spannung zwischen Konstruktion und Destruktion (Libido / Aggression) herausstellte, tendierte Rogers dazu, die Disharmonien als Reaktion auf ungünstige Umweltbedingungen zu interpretieren. So hat man oft den Eindruck, als ob Rogers letztlich das Soziale ('die Gesellschaft') als Quelle der (Zer-)Störung und das Psychische (das Individuum) als Quelle des Guten erlebt. Interaktion und/oder Person? Obwohl Rogers und seine Anhänger das 'Gespräch' immer wieder als Mittelpunkt
ihrer Überlegungen darstellen, haben sie doch einen positiven Zugang nur
zu den am Gespräch beteiligten Personen. Ihr Ansatz ist insoweit eher
personen- als interaktionszentriert - zumindest was die Theorie anbelangt.
Was die Beratungspraxis und die programmatischen Aussagen angeht, mag
das anders aussehen. |
1) In: Jankowski, P. u. a. (Hg.): Klientenzentrierte Psychotherapie heute. Göttingen 1976, S. 31-48. |