Übung Dienstwagen-Rollenspiel
   
Ziel und Herkunft
  Dieses Rollenspiel dient der Analyse von Entscheidungsprozessen und gehört spätestens seit 1971 zum festen Bestandteil einschlägiger Trainings in Deutschland.
In der bei Antons verbreiteten Form ist es so angelegt, dass das Verfolgen persönlicher (egoistischer) Ziele und die Entwicklung gruppendynamischer Machtkämpfe gefördert und die Interessen der Organisation/Institution demgegenüber eher in den Hintergrund treten. Das institutionelle Entscheidungsgremium erscheint als Hühnerhof, in dem die Hackordnung neu festgelegt werden soll. Als Katalysator sowohl der Kooperation als auch der Überprüfung der Rangordnung dient die Vergabe eines neuen ‘Dienstwagens’. (Antons spricht in seinen Instruktionen zur Übung typischerweise nicht vom ‘Team’ oder einem ‘Gremium’ sondern von der ‘Gruppe’ und nennt die ‘Erhöhung des Status’ als Triebkraft der Entscheidung. Durch die Wahl des ‘Autos’, einem beliebten Symbol des ‘Selbst’, wird die Orientierung auf psychodynamische Antriebe verstärkt.)
   
Indikation
 
Demonstration gruppendynamischer Prozesse/Machtkämpfe.
(Die im Wissenschaftsbetrieb/bei den Studierenden häufig anzutreffende Leugnung gruppendynamischer Regeln wird bei Spielern und Beobachtern relativ häufig aufgebrochen. Verknüpfung mit dem Birkenbihl-Video, eventuell Einführung der ‘strategischen Verfahrensfrage’.)
Bei reiferen Trainingsgruppen kann die Übung eingesetzt werden, um das Ineinander von institutionellen, gruppendynamischen und persönlichen Programmen zu analysieren. Voraussetzung ist bei der Arbeit mit Studierenden in jedem Fall eine gründliche vorherige Auseinandersetzung mit zweckrationalen Entscheidungsprozessen. Mögliche, den individuellen Interessen übergeordnete, kollektive Ziele der Institution müssen in den ‘Instruktionen’ zum Rollenspiel mindestens angedeutet werden. Der Chef/Vorarbeiter darf nicht dazu gezwungen werden, sich aus dem Entscheidungsprozeß herauszuhalten. (Er ist kein Leiter gruppendynamischer Trainings, der mit Minimalstrukturierung arbeitet!)
   
Zeitrahmen
Material
  Instruktionsblätter, Beobachtungsbögen
   
Ablauf (Instruktion und Setting)
1. Schritt – Funktionserläuterung  
   
2. Schritt – Spannungen spüren  
  Erläuterung der Normalform von Entscheidungsprozessen anhand von Plakaten oder Handouts?
  Zusätzlicher Hinweis: Latent spielen natürlich individuelle Bedürfnisse, Sympathie und Antipathie und gruppendynamische Aspekte eine wichtige Rolle: Versuchen Sie Spannungen zwischen den verschiedenen Dynamiken/Zielen/Positionen zu spüren. (Die Beobachter auch!)
   
3. Schritt – Vorlesen der Instruktion   
   
4. Schritt – Klären des Settings  
  Verteilen der Kurzcharakteristik der Rollen. Klären des Settings. „Sie sollen sich nun für eine der Rollen (5 plus Dienststellenleiter) bzw. für die Beobachterposition entscheiden!“
5. Schritt – Rollenverteilung
   
6. Schritt – Plan zurechtlegen
  Die Rollen erhalten ihre speziellen Instruktionsblätter. Sorgfältig studieren! Plan für eigenes Verhalten zurechtlegen.
   
7. Schritt – Bögen verteilen   
  Unterdessen Instruktion der Beobachter. Verteilen von Beobachtungsbögen.
   
8. Schritt – Rollenspiel   
   
9. Schritt – Blitzlicht   
  Auswertungsdiskussion beginnend mit einem Blitzlicht der Spieler.
   
  Auswertungs(fragen)
  Zweifellos ist ein solches Szenario in der Berufswelt realistisch. Es macht den Durchsetzungswillen der Beteiligten, ihr Aggressionspotential und die durch das Spiel ausgelöste Befriedigung/Schuldgefühle usf. deutlich. Oftmals sind die Beteiligten über ihr ‘rücksichtsloses’ oder wenig rationales Verhalten überrascht. Zur Demonstration und Festigung von Normalformen kooperativer Entscheidungsprozesse, wie sie für die moderne Teamarbeit erforderlich sind, eignet sich diese Übung weniger gut.

   
  Diese Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen des Rollenspiels ist zugleich ein Beispiel für die Analyse der Abhängigkeit zwischen Setting und Ablaufstrukturen. In dieser Weise kann im Training durch eine Reflexion der Rollenvorgaben und des Rollenverständnisses einerseits und ihren Auswirkungen auf dem Ablauf andererseits die Beschäftigung mit dem Lernziel ‘Zusammenhänge zwischen Setting und dem Ablauf von Kommunikation und Kooperation’ (2. Lernziel des 3. Tages) vorangetrieben werden!
   
  Varianten/Alternativen
  Das Gefühl für die Abhängigkeit von Setting und Ablaufstruktur lässt sich auch durch eine systematische Variation der Instruktionen bei verschiedenen Durchgängen des Rollenspiels entwickeln. Beispielsweise kann bei dem zweiten Durchgang eine Entscheidung über den Einsatz einer zusätzlichen Schreibkraft getroffen werden oder die Unternehmensziele deutlicher formuliert werden, so dass die kollektiven Ziele mehr als die individuellen betont werden.
   
Reflexionen
   
Dokumentation     
 
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