Übung Rechte Spalte – linke Spalten
   
Ziel
  Den eigenen Informationsverarbeitungszyklus ‘Wahrnehmen – Denken/Fühlen – Handeln’ erkunden. Spannungen zwischen den
verschiedenen Aufgaben/Phasen erkennen. Alternative Strategien für das Verhalten in Gesprächssituationen entwickeln, die häufig als konflikthaft und unbefriedigend erlebt werden.
   
  Die Übung eignet sich besonders, wenn Tonaufzeichnungen oder besser noch Transkriptionen von Interaktionen der Teilnehmer vorliegen.
   
  Herkunft:
  Diese Übung gibt es in vielen Varianten. Sie hat viele Väter, z.B. Chris Argyris/Donald Schön: Theory in Practice, San Francisco 1974, Peter Senge, Art Kleiner, Bryan Smith, Charlotte Roberts, Richard Ross: Das Fieldbook zur Fünften Disziplin, Stuttgart 1996, (engl. 1994), S. 284-287; M. und J. F. Hartkemeyer,
L. Freeman Dhority: Miteinander Denken. Stuttgart 1999, S. 259-262.

Die Idee zu dieser Übung stammt wohl ursprünglich aus der Sozialforschung, in der mit ähnlichen Verfahren Daten (Interviews, Gespräche) ausgewertet werden können.

  Zeitrahmen
  eine Stunde und mehr
   
Material
  Din A4-Papier, Kugelschreiber

   
Ablauf (Instruktion und Setting)
  Die Übung kann durchgängig in Einzelarbeit absolviert werden. In Trainings empfehlen sich abschließende Diskussion und
Erfahrungsaustausch in Kleingruppen.
   
  1.Schritt - Auswahl einer problematischen Interaktionssituation.
 

Versuchen Sie sich an eine Gesprächssituation (in ihrem beruflichen Alltag) zu erinnern, die Sie als problematisch erlebt haben, und die Sie bis heute nicht gut verarbeitet haben!
Am besten eignen sich Interaktionen, die sich im Kern auf ein Zweiergespräch reduzieren.

   
  2.Schritt - Beschreiben
  „Beschreiben Sie in kurzen Worten Kontext, Beteiligte und
Funktionen des Gesprächs.“
   
  3.Schritt - Verlaufsprotokoll
  Nehmen Sie sich mehrere Blatt Papier und unterteilen sie diese in drei etwa gleich große Spalten. Die erste Spalte erhält die Überschrift ‘Der/die Andere’ (oder dessen/deren Name), die zweite ‘Ich’, die dritte ‘Gedanken’. Versuchen Sie nun den wirklich wichtigen Teil des
Gesprächs in Rede und Gegenrede in den betreffenden Spalten aufzuschreiben. (Wörtliche Rede!) Sie können das Verlaufsprotokoll anschließend nochmal durchgehen und sehen, ob auch wirklich alle tatsächlich gefallenen wesentlichen Äußerungen erfasst sind.
   
  4.Schritt -
  Tragen Sie nun in der 3. Spalte nach, was Sie gedacht und/oder gefühlt, aber nicht gemacht/gesagt haben. Es ist nicht immer einfach, heutiges und damaliges Erleben auseinander zu halten. Versuchen Sie es und notieren Sie gegebenenfalls die nachträglichen, heutigen
Affekte mit anders farbigen Schreibzeug!
   
  5.Schritt -
  Reflexion der Spannung zwischen Verhalten und ausgelösten Gefühlen und Gedanken. Die angefertigten Dokumente können nun aus größerer Distanz noch einmal analysiert werden. Für die Reflexion haben Rick Ross und Art Kleiner (in P. Senge u.a.: Das Fieldbook zur Fünften Disziplin, Stuttgart 1996, S. 286) folgende Fragen vorgeschlagen:
  Was hat mich wirklich zu diesen Gedanken und Gefühlen veranlasst?
  Was war deine Absicht? Was wolltest du erreichen?
  Hast du die Ergebnisse erzielt, die du wolltest?
  Wie könnten deine Äußerungen zu den Schwierigkeiten beigetragen haben?
  Warum hast du nicht gesagt, was in der rechten Spalte steht?
  Welche Mutmaßungen stellst du über die andere Person/die anderen Personen an?
  Was hat dieses Verhalten dich gekostet? Was hast du dadurch gewonnen?
  Was hat dich daran gehindert, anders zu handeln?
  Wie kann ich meine rechte Spalte als Ressource für eine bessere Kommunikation nutzen?
   
  6.Schritt -
 

Im Anschluss an die Diagnose können besser geeignete Interventionen geplant/durchgespielt werden. Insbesondere geht es im ersten Schritt darum, zu überlegen, welche Gedanken und Gefühle in vergleichbaren Fällen in welcher Form zu verbalisieren sind. Häufig wird dies auf klarere Ich-Botschaften und auf Thematisierungen der sozialen Interaktion (Metakommunikation) hinauslaufen.

   
  Eine Möglichkeit ist es auch – eventuell nachdem etwas Zeit verstrichen ist – eine verbesserte Version des Gesprächs anzufertigen. Der Einstieg wird dann eine Veränderung der eigenen Äußerungen in der 2. Spalte sein, z.B.: Was hätten Sie sagen müssen, um dem Gespräch die gewünschte Wendung zu geben? Mit welchem Verhalten hätten Sie mehr über die ‘rechte Spalte’ Ihres Gegenübers erfahren können?
Ziel ist es, alternative Verhaltensstrategien für vergleichbare Konfliktsituationen zu entwickeln.
   
  Variante 1:
  Manchmal ist es fruchtbarer, sich Konfliktsituationen nicht direkt sondern über dem Umweg eines Gesprächs mit einer dritten Person über diesen Konflikt zu nähern. Falls also ein solches Gespräch mit einem Freund/einer Beraterin schon zwischenzeitlich stattgefunden hat, so kann auch dieses Gespräch aufgeschrieben und nach dem gleichen Muster ausgewertet werden. U.U. ist es möglich dieser Person, die
eigene Auswertung rückzukoppeln.
   
  Variante 2:
  Am besten ist es, wenn der Wortlaut des zu analysierenden Gesprächs so genau als möglich erfasst wird. Dies ist bei Mitschnitten und deren Transkription der Fall. Hier besteht die erste Aufgabe in einer geeigneten Auswahl der Redesequenzen. Die in der kommunikativen Sozialforschung angewandte Methode der Erhebung affektiver Daten erfolgt im Prinzip nach dem gleichen Muster, in dem parallel zu dem dokumentierten Verhalten die ausgelösten Affekte von beteiligten Forschern aufgeschrieben werden.
   
 

 

 



 

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