Dokumentation Erfahrungsbericht B. P. zum T-LAB 2 August 1995
   
Wie wird ein Erfahrungsbericht gestaltet? Was gehört hinein, was nicht? Schreibe ich chronologisch oder nur von den bedeutendesten Eindrücken? Es steht jedenfalls fest, dass das T-LAB einiges zu Tage gefördert hat, was tief in mir geschlummert hat.
 
Dienstag 08.08.1995
Mit ziemlich gemischten Gefühlen trat ich den Weg zum Seminar an. Die Buschtrommeln hatten viel negatives über dieses Seminar verbreitet. Trotzdem wollte ich versuchen, einen Tipp aus dem Beratungstraining in diesem Seminar umzusetzen. Dort hatte man mir folgendes „Geschenk“ gemacht. Mir wurde empfohlen, mehr nach vorne zu gehen und nicht so zurückhaltend und abwartend zu sein.
 
Erste Erkenntnis
Die erste wichtige Erfahrung an diesem Tag war, dass ich, obwohl die Atmosphäre aufgelockert war, mich unwohl in der Gegenwart von Autorität fühlte. Die Angst vor der Macht und die Hilflosigkeit ihr gegenüber.
Im Phantasiespiel konnten alle Ängste und Unsicherheiten abgelegt werden. Ich konnte mich entspannen und wurde ruhiger.
Wir sollten uns nun eine Situation vorstellen, in der wir gerne anders reagiert hätten! Ich hätte gerne jemanden nach einer Provokation meine Meinung gesagt. Leider fehlte mir in dieser Situation das sichere Auftreten, der Mut und das nötige Selbstbewusstsein, um mich zu wehren. Vielleicht steht mir mein eigenes Harmoniebedürfnis dabei im Weg!
 
Zweite Erkenntnis
Wie sah ich das T-LAB in der Vergangenheit?
Die Buschtrommeln hatten viele negative Neuigkeiten verbreitet. Trotzdem passte bei der Farbzuordnung nur warmes leuchtendes Gelb. Weder Blau, Rot und Grün konnten dieser Situation zugeordnet werden. Nach meinem Empfinden gibt es aber eine Unstimmigkeit zwischen der negativen Stimmung und dem leuchtenden Gelb. Wie kann dies gedeutet werden? Ich hatte zwar viel Negatives über dieses Seminar vernommen, konnte es aber selbst nicht als negativ, sondern als positiv empfinden. Hinzu kommt, dass ich eine harmoniebedürftige Person bin, die sich bei Streit, Auseinandersetzungen und derartigen Dingen nicht wohl fühlen kann.
 
Wie sehe ich das T-LAB in der Gegenwart?
Wir sollten uns dazu eine passende Musik vorstellen. Wie ein Ohrwurm hörte ich die ganze Zeit die 8. Sinfonie von Schubert. Diese Musik höre ich oft, wenn ich mich auf Prüfungen vorbereite. Bei der Farbzuordnung war Grün die beste Farbe, die zur Musik passte. Nach dieser Übung waren jegliche negative Stimmungen verschwunden. Ich fühlte mich erholt und entspannt.
 
Dritte Erkenntnis
Beim Berührungsspiel stellte ich fest, dass ich gerne eine Distanz zu anderen Menschen wahren will. Gerade bei Personen, bei denen ich mich auf irgendeine Weise nicht 100% wohl fühlen kann. So hatte ich beim Fußspiel mit Birgit kein unangenehmes Gefühl. Allerdings trugen wir auch Socken.
 
Vierte Erkenntnis
Der Gartengang
Gleich vorne am Anfang war ein mittelgroßer Baum – ich weiß nicht welcher. Er hatte ziemlich dunkelgrüne Blätter, durch die die Sonne ein wenig schien, und Licht spielte darauf. Bei diesem Anblick war ich in ziemlich guter Stimmung und meine Unternehmungslust war geweckt. Ein paar Schritte weiter war eine Blumenstaude mit lila Blüten. Diese Farbe war für einen kurzen Augenblick faszinierend. Viel später – nach einer langen Phase mit Schatten – erschienen Farnstauden. Eine von ihnen hatte gerade neue Blätter bekommen, die eng zusammenstanden und von den Alten geschützt wurden. Ein paar Meter weiter: Gräser. Solche, die man auch auf Dünen finden kann. Jetzt eine Bank. Statt der rauschenden Autos, das rauschende Meer. Ein sehr angenehmes Gefühl. Eine Schlussfolgerung hieraus war die Erkenntnis, dass ich über Assoziationsketten wahrnehme. Weiterhin musste ich feststellen, dass in mir ein kleiner Träumer verborgen ist. Träumer flüchten aus der Realität. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass ich in Krisensituationen doch meinen „Mann“ stehen kann, ohne gleich in Träumereien zu fliehen. Jegliche Diskussion mit Andrea brachten aber kein klares Ergebnis, ob dieses Phänomen negativ oder positiv einzuschätzen ist.
 
Fünfte Erkenntnis
Hobbyraten
Mit meinen Einschätzungen beim Hobbyraten lag ich leider nicht so gut. Ich hatte Michael vollkommen falsch eingeschätzt. Als ich seine Einschätzung las, war ich erst belustigt. Später wurde ich jedoch nachdenklich, ob ich tatsächlich so langweilig bin. Radfahren und Badminton spielen?! Später stellte ich überrascht fest, dass Michael nur sportliche Hobbys ausgewählt hatte. Es gibt wohl Unstimmigkeiten mit dem Fremdbild.
 
Mittwoch 09.08.95
Sechste und siebte Erkenntnis
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Erste Runde mit Kirsten
Zuerst fielen uns mehr Gemeinsamkeiten ein. Später stellte sich jedoch heraus, dass diese nicht übereinstimmen. Ihre richtigen Aussagen waren: naturverbunden und pflichtbewusst. Es war eher ein distanziertes und vorsichtiges Äußern von Eigenschaften.
Zweite Runde mit Andrea
Zuerst erkannten wir viel mehr Ungleichheiten als Gemeinsamkeiten. Später stellte sich aber vieles als gleich heraus, z. B. das Selbstbewusstsein. Aus dem Feedback musste ich realisieren, dass andere mich selbstbewusster erleben, als ich mich fühle.
Auch wurde mir durch Andrea klar, dass ich offener bin, als ich dachte. So konnte sie mir viele Dinge – wie Romantik und sicherer Pol – einfach so sagen. Da ich eigentlich versuche, mich eher zu verschließen, war ich überrascht, wie vieles von mir für andere doch offen liegt. Nach Gesprächen mit unterschiedlichen Personen wurde mir klar, dass ich – aus Angst, verletzbar zu sein oder verletzt zu werden – mich anderen verschließe. Das gilt besonders für Personen, die mir nicht so gut bekannt sind. Jedoch scheine ich offener zu sein, als ich eigentlich möchte.
 
Achte und neunte Erkenntnis
Rollenspiel Kohlengesellschaft
Während der Diskussion habe ich bemerkt, dass Birgit und Frank ausgegrenzt wurden. Leider habe ich nichts dagegen unternommen, da ich zu sehr mit mir und meinen Vorsätzen beschäftigt war.
Anfänglich habe ich erst das Terrain erkundet und war deshalb leise und zurückhaltend. Später, als ich mir eine Meinung gebildet hatte, beharrte ich auf meinem Standpunkt. Es war eine reizvolle Aufgabe, wenn man allein gegen den Rest steht und versucht, die anderen zu überzeugen. Von Michael hingegen fühlte ich mich blockiert, da er als die einzig richtige Meinung nur seine eigene akzeptierte. Jedenfalls habe ich nicht nachgegeben, und das hat richtig Spaß gemacht.
Leicht unterstützt wurde ich nur von Birgit. Jedoch wurden ihre Argumente von den anderen kaum berücksichtigt. Lediglich Frank versuchte überzeugende Argumente und Akten gegen meine Meinung zu finden. Dieses gelang ihm dann auch.
Bei diesem Rollenspiel habe ich gelernt, dass ich tief in meinem Innersten die Herausforderungen liebe. Leider bin ich ein wenig zu bequem, um mich ihnen immer zu stellen. Auch rede ich gerne gegen die allgemeine Meinung an, um neue Perspektiven zu erhalten. Ich erachte Meinungsvielfalt für wichtig. Man muss für andere Meinungen offen sein und sie respektieren. Jedoch bin ich nur durch die Anwendung guter Argumente überzeugbar. (Und selbst dann nicht immer. Kommentar eines Lesers.)
 
Wie kann man Birgit helfen?
Birgit wurde in unserer Diskussion oft übergangen. Man hätte mehr auf sie eingehen sollen, um sie in die Gruppe zu integrieren. Der Vorschlag, dass ihre Argumente von jemanden aus der Gruppe aufgenommen und verdeutlicht werden, gefiel ihr nicht sonderlich. Sie sagte, dass sie sich dann noch kleiner und hilfloser fühlen würde. Nun fühle ich mich hilflos. Denn was kann man tun und wie sollte man es tun, wenn man bemerkt, dass jemand hilflos ist und es nicht sagt?
 
Donnerstag 10.08.95
Was können wir Gutes bzw. Schlechtes in die Gruppe einbringen?
Eine gute Eigenschaft – so dachte ich wenigstens immer – sei mein Organisationstalent. Eine meiner schlechten Eigenschaften ist meine Ungeduld.
 
Zehnte und elfte Erkenntnis
Gruppenarbeit
Die anschließende Gruppenarbeit war äußerst unbefriedigend, da wir kein abschließendes Ergebnis vorweisen konnten. Statt die Gruppenarbeit zu organisieren, was ja meine eigentliche Aufgabe gewesen wäre, ließ ich mich – von Emotionen geleitet – auf eine ziemlich sinnlose Diskussion ein. Eigentlich hatte ich damit beabsichtigt, eine größere Meinungsvielfalt zu bieten und neue Perspektiven aufzuzeigen. So verlor die Gruppe eine Menge Zeit, die uns dann fehlte, um die Arbeit zu beenden. Hinzu kam erschwerend, dass ich mich in meinen Absichten unverstanden fühlte. Erst später nach der Übung konnten diese Dinge richtig gestellt werden.
Für mich wurde deutlich, dass ich für eine Gruppenarbeit unter Zeitdruck nicht geeignet bin. Ich finde es schöner, mehr Zeit zu haben, um alles in Ruhe auszudiskutieren. So kann ich sicher sein, dass nichts dabei unter den Tisch fällt, was wichtig gewesen wäre. Für Meinungsvielfalt braucht man halt mehr Zeit. Wenn ich hingegen alleine arbeite, empfinde ich einen gewissen Zeitdruck als angenehm.
Gelernt habe ich, dass ich ein Mensch bin, der sich zu stark von seinen Emotionen leiten lässt. Dadurch kann man stellenweise unsachlich werden, was sich ungünstig auswirken kann. So lasse ich mich zu leicht von meinen eigentlichen Aufgaben ablenken. Deshalb eigne ich mich vielleicht doch nicht so als Organisationstalent, obwohl es mir viel Spaß bereitet. Möglich wäre auch, dass die Gruppenzusammensetzung teilweise ungünstig war und so die Gruppenarbeit nicht funktioniert hat.
 
Rollenspiel: Gruppenarbeit
Bei dieser Übung war ich Beobachter. Aufgefallen ist mir, dass alle Teilnehmer ziemlich die Ruhe bewahrt haben, obwohl die „Übeltäter“ recht frech auftraten. Aus Erfahrung heraus weiß ich, dass dieses äußerst ungewöhnlich ist. Hier in der Gruppe gab es vielleicht die Norm, dass aggressives Verhalten nicht gestattet wird.
 
Gruppennorm
Gruppennormen gab es für mich eigentlich nicht. Die normalen menschlichen Umgangsformen gehören für mich nicht zur Gruppennorm, sondern sind selbstverständlich.
 
Zwölfte Erkenntnis
Abschlussbesprechung
Bei der Abschlussbesprechung legte ich bewusst mein altes, zurückhaltendes Verhalten an den Tag. Plötzlich fühlte ich mich von der Gruppe ausgeschlossen und unwohl. Da wurde mir klar, dass ich dieses Verhalten unbedingt ändern will. Zugehörigkeit und Akzeptanz werden mir nicht geschenkt. Ich muss etwas dafür tun.
 
Fazit
Das T-LAB war – trotz der Buschtrommeln – angenehm. Ich wurde nicht gezwungen, etwas zu tun, was ich nicht wollte, und so konnte ich mich die ganze Zeit über wohlfühlen. Trotzdem war es möglich, viel über mich zu lernen.
An meinem Selbstbewusstsein muss ich definitiv arbeiten. Wichtig dafür ist, dass ich mich selber so akzeptiere, wie ich bin, Aber das fällt mir nicht so leicht. Auch denke ich, dass es zeit wird, die Verschlossenheit und die Zurückhaltung abzulegen. Es ist ein Risiko, aber das ist es wert.
 
Schließlich sollte ich aufhören, bequem zu sein, und versuchen, mich den Herausforderungen zu stellen und sie auch zu suchen. Das Schreiben dieses Erfahrungsberichtes war nicht einfach. Mehrer Anläufe und Entwürfe waren notwendig. Es ist schwierig, etwas über sich selbst und die gemachten Erfahrungen zu Papier zu bringen. Übrigens war es auch sehr problematisch, statt „man“ das Wort „ich“ zu benutzen.
   

 
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