Leitfaden Typen von Kommunikationsstörungen aus der Sicht verschiedener Kommunikationsmodelle - theoretischer Leitfaden
 
Entsprechend den Grundgedanken    Fließtext: Kommunikationsstörungen vor dem Hintergrund verschiedener Kommunikationsmodelle  sollen nun Kommunikationsstörungen aus der Sicht unterschiedlicher Ansätze behandelt werden. Es gibt verschiedene Typen von Störungen, die nach den zugrunde liegenden Kommunikationsmodellen und ihren Ursachen klassifiziert werden können:
 
0. Informationstheoretisches Paradigma    Konzept von Kommunikation als Parallelverarbeitung von Information
  Dieses Konzept wird in    Modul '1_Wahrnehmung' ausführlich behandelt und erläutert.
  Schema: Informationsverarbeitung - Komplexität und Dynamik informationsverarbeitender Systeme  Informationsverarbeitung - Komplexität und Dynamik informationsverarbeitender Systeme
  Theoriediskussion: Der Mensch als informationsverarbeitendes System (1) - Vorschläge zur Klassifikation der Prozessoren  Der Mensch als informationsverarbeitendes System (1) (2)
   
1.

Mathematisches Modell (Shannon): Störungen aufgrund von Umwelteinflüssen - Rauschen

Damit sind Verständigungsschwierigkeiten gemeint, die mit den Leistungen der Kommunikationsteilnehmer nichts zu tun haben, sondern auf äußere Störungen zurückzuführen sind (z. B. eine defekte Telefonleitung). Im technischen Bereich ist man sehr bemüht, die Störungsanfälligkeit, Störquellen etc. der Medien zu minimieren, was auf die Relevanz hindeutet, die Störungen im allgemeinen zugewiesen wird. Techniker auf der einen und Sozialwissenschaftler auf der andern Seite unterschätzen die Bedeutung von Kommunikationsstörungen in den ihnen jeweils weniger vertrauteren Ursachenfeldern.

   
2. Psychologisches Modell: Störungen aufgrund der inneren Leistung der Kommunikationsteilnehmer
   
2.1.

Störungen auf der Wahrnehmungsebene: Kanaldifferenzen (NLP)

Bei den Ausführungen zum NLP wurde bereits deutlich, dass "gutes Verstehen" untereinander auch darauf beruht, ob man im gleichen Repräsentationssystem (RS) miteinander redet. Die Wahrnehmung in anderen als dem eigenen, präferierten RS kann geschult werden    Modul '1_Wahrnehmung'.
  Zusammenfassung: Was sind Repräsentationssysteme? (M. Niehuis nach NLP)  Was sind Repräsentationssysteme? (M. Niehuis nach NLP)
  Fließtext: Erläuterung: Sinne und Repräsentationssysteme (NLP)  Erläuterung: Sinne und Repräsentationssysteme (NLP)

   
2.2. Störungen auf der Beziehungsebene
a. Verwischung der Beziehungsebene (Watzlawick):
  Menschen tauschen neben dem Inhaltsaspekt in jeder Äußerung einen Beziehungsaspekt aus - nach Watzlawick eine ICH-DU-DEFINITION. Sie geben eine "Definition ihrer Beziehung und damit eine implizite ihrer selbst" (Watzlawick, 1980, S. 83).
In der Fachliteratur wird gewöhnlich zwischen symmetrischen oder egalitären und komplementären Beziehungen unterschieden. Komplementäre Beziehungen wie jene zwischen Kunde und Verkäufer oder LehrerIn und SchülerIn beruhen immer auf asymmetrischen Informations- und Machtverteilungen. Natürlich können sich solche asymmetrischen Beziehungen auch im nichtinstitutionellen Kontext einstellen.
   
b. Widersprüchliche Kommunikationskanäle - Kongruenz/Inkongruenz:
   
 

 

Beispiel:
Was passiert, wenn Sie mit Tonfall, Gesichtsausdruck oder Körperhaltung das Gegenteil von dem ausdrücken, was Sie verbal sagen:

                             "Du bist herzlich eingeladen",

während Sie die Arme verschränken und ein langes Gesicht ziehen.
Sicherlich wird eine gewisse Irritation eintreten, und der/die KommunikationspartnerIn wird nachfragen, wie Sie die Äußerung meinen.

 

   
  Die analoge, nonverbale Kommunikation enthält immer einen Beziehungs-Appell. Hier: "Ich mag Dich nicht".
Er steht hier im Widerspruch zum digitalen Kommunikationskanal.
   
c. Perspektivendifferenzen - Interpunktion:
  Es geht in Konflikten auch oft um die Frage, wer angefangen hat, und wer angeblich schuld ist. Solche Konflikte, in denen das gegenseitige Anklagen im Vordergrund steht, nennt Watzlawick 'Interpunktionskonflikte'.
   
 

 

Beispiel: Ein Ehepaar (oder eine WG) streitet sich über das Spülen des Geschirrs und die Ordnung in einer Wohnung:

 

  A   sagt: "Weil du nie spülst, muss ich es immer tun. Weil du dich nicht bewegst, muss ich immer aufräumen."

 

  B   antwortet: "Du hast viel zu hohe Ansprüche, und weil du so nörgelst, spüle ich erst recht nicht."

 

   
  Interpunktieren heißt: ein Verhalten als Ursache, das andere Verhalten als Folge oder Reaktion auszulegen (Stichwort: die 'Henne-Ei'-Diskussion). Metakommunikation und Konfliktlösung bestehen darin, das gegenseitige Spiel zu erkennen und gegebenenfalls die jeweiligen darunterliegenden individuellen Programme hinsichtlich Wahrnehmung und Wirklichkeitsauffassung zu reflektieren. Dann ist es möglich, die Frage zu stellen, ob ein Zusammenleben überhaupt gewünscht ist, und wenn ja, wie beide ihr Verhalten ändern können, damit der Konflikt beseitigt wird.
   
d. Doppelbindungen und paradoxes Kommunikationsverhalten:
  Auch paradoxes Kommunikationsverhalten ist unechtes Verhalten, bei dem widersprüchliche Informationen auf dem verbalen und dem nonverbalen Kanal gegeben werden.
Stellen Sie sich vor, Sie kommunizieren auf diese Weise mit einer für Sie wichtigen Person, beispielsweise als Kind mit Ihrer Mutter oder einer anderer wichtigen Person, zu der Sie in einem physischen und/oder psychischen Abhängigkeitsverhältnis stehen - dann wird diese Kommunikation Sie auf die Dauer verrückt machen.
Hier finden sich die Grundlagen der Schizophrenie-Forschung, die sich wesentlich auf den Begriff des 'double-bind' stützt. Pathologische Kommunikation innerhalb von Familien, in denen Doppelbindungen die vorherrschende Beziehungsstruktur sind, steht in enger Verbindung mit Bewusstseinsstörungen.
   
2.3. Störungen auf der Inhaltsebene: Unterschiedliche Systemdefinitionen
 

Dazu ein kurzes Beispiel von Michael Balint:
Ein Patient kommt mit neurotischen Beschwerden (z. B. Kopfschmerzen oder Kreuzschmerzen) zum Arzt. Der Arzt stellt nach eingehender Untersuchung keine organischen Schäden fest und sagt dann "Sie haben nichts". Der Patient ist vermutlich enttäuscht und bringt das zum Ausdruck, oder er wechselt den Arzt und verbreitet einen schlechten Leumund über den betreffenden Arzt. Was ist hier passiert ?

  Beispiel: Störungen auf der Inhaltsebene: Unterschiedliche Systemdefinitionen (Beispiel von Michael Balint)  Störungen auf der Inhaltsebene: Unterschiedliche Systemdefinitionen (Beispiel von Michael Balint)

 

 
Zusammenfassung: Kommunikationsmodelle (und was vor dem Hintergrund des jeweiligen Modells als Kommunikationsstörung erlebt wird)

 

www.kommunikative-welt.de WaKoTraining ©Michael Giesecke