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Ziele von Sensitivity Trainings |
In den späten 60er und 70er Jahren entwickelte sich
in der Bundesrepublik eine alternative Trainingsszene, die auch die Ausbildung
im Hochschulbereich mit Selbsterfahrungsangeboten und gruppendynamischen
Trainingslaboratorien ergänzen wollte. "Die Erfahrungen, die seit über 20 Jahren mit gruppendynamischen Verfahren in aller Welt, vorab aber in den USA, gewonnen wurden, erlauben es, deren Zielsetzung als übereinstimmende Auffassung der Experten zusammenzufassen. Gewiss finden sich unterschiedliche Akzente sowie nähere oder fernere Ziele angegeben, aber gemeinsam dürfte doch der relativ hohe Anspruch hinsichtlich der Möglichkeiten des Trainings sein. Und dies wirkt auf die skeptischen Zeitgenossen besonders herausfordernd. Zunächst betrifft es zwei definitorische Ansätze: a) "Sensitivity Training ist eine Methode zu lernen, eigene und fremde Verhaltensweisen subtil aufeinander abzustimmen" [Däumling, A. M.: Sensitivity Training. In: Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik. Bd. 2, Göttingen]. Diese Feststellung enthält bereits den unausgesprochenen Vorwurf, man habe es nötig, etwas zu lernen, was doch eigentlich selbstverständlich sei, nämlich zwischenmenschlichen Kontakt herzustellen und auf die Besonderheit eines Partners einzugehen. Bei näherem Zusehen zeigt sich indessen, dass gerade bei engem Kontakt in Beruf, Ehe und Familie die emotionalen Schwierigkeiten der Auseinandersetzung zunehmen. Je mehr die individuellen Belange voneinander abweichen bzw. die Tendenz zur Selbstrechtfertigung einsetzt, desto schwerer wird es, auf das Verhalten eines Gegenübers differenziert einzugehen. Die eigene Befangenheit in Triebansprüchen und Abwehrmechanismen hindert bereits daran, dem anderen jeweils aufmerksam zuzuhören und das genau aufzufassen, was er, selbst bei geschickter Ausdrucksweise, eigentlich meint. Erwachsene in exponierten und angesehenen Positionen lernen nicht gerne etwas anderes als erfolgversprechende Kenntnisse oder Fertigkeiten. Es bedarf also einer gewissen Aufforderung, sich mit eigenem und fremden Verhalten zu beschäftigen, die in den Zielen des Sensitivitäts-Trainings zugängig gemacht werden muss. b)
Sensitivitäts-Training ist ein gruppendynamisches Verfahren, das Bewusstseinserweiterung
und Verhaltensänderung intendiert. Neben der Einsicht in bestimmte Zusammenhänge
psychologischer Art zwischen gewohnten und bislang unbeachteten Verhaltensweisen
tritt die Einübung neuer, vielseitiger Rollen und Verhaltensmuster. Dieser
proklamierte Übungsfaktor fordert immer wieder dazu auf, sich zur Änderung
des bislang fraglosen Verhaltensstils bereitzufinden. Ohne Anregung durch
entsprechende Ziele bzw. ohne erlebbare Effektivität des Trainings würde
sich wohl niemand den Dauereinflüssen und der notwendigen Verunsicherung
durch den Gruppenprozess aussetzen. Herausforderung ist insoweit eine
Grundkomponente des auf Verhaltensänderung gerichteten Trainings. 1.
Reifung durch Selbstkonfrontierung 2.
Verbesserung der Sozialwahrnehmung 3.
Fundierung der Kooperation 4.
Neubegründung von Autorität |
Quelle: A. M. Däumling: "Sensitivity Training". Aus: Annelise Heigl-Evers (Hg.): Gruppendynamik. Göttingen 1973, S. 7-24. |