![]() Der Schriftzug kann nicht nur als Vorlage für graphologische Spekulationen dienen sondern soll eher ein Grundgesetz der Mediengeschichte demonstrieren: Nur Informations- und Kommunikationstechnologien, die ältere Formen der Informationsverarbeitung und Kommunikation aufgreifen und in einem komplexen multimedialen System integrieren, können sich durchsetzen und Kulturen tiefgreifend verändern! Ohne (schon hochgradig normierte) Lautsprachen keine Hochkulturen mit Alphabetschrift, ohne hochentwickelte Formen mündlicher und handschriftlicher Informationsverarbeitung und Kommunikation kein Buchdruck, ohne typographische Buchkultur als Synthese ritualisierter und entritualisierter mündlicher, handschriftlicher und typographischer Kommunikationsformen keine Informationsgesellschaft mit Internet und Homepage. Das unvermeidliche Schicksal dieser Integration scheint aber eine Transformation der älteren Medien, Informationsverarbeitungsprozesse, Vernetzungsformen etc. auf ein anderes Emergenzniveau zu sein, was immer auch zu neuen Möglichkeiten und Risiken führt. Die neuen Möglichkeiten in diesem Beispiel auf der Startseite der Homepage sind klar: Dank Bildverarbeitungsprogrammen (Freehand und Photoshop) bekommt der Schriftzug eine andere Farbe - die von mir bevorzugte, die ich aber als Tinte gerade nicht erstehen konnte - und einen schattenhaften Doppelgänger. Dieser ist zwar eine (weitere) Spiegelung, aber eben eine 'weich' 'gezeichnete'. Eine riskante Folge dieser Transformation läßt sich auch schon absehen: Die für die skriptographische Textproduktion üblichen harten Konturen der Buchstaben erscheinen nur noch als eine - elektronisch leicht zu mildernde - Möglichkeit. Die eher der Kunst vorbehaltenen weichen Übergänge, wie sie etwa die Pastellkreide oder die weichen Kohlenstifte ermöglichen, rücken im elektronischen Medium in dem Gestaltungsbereich auch von Texten (ohne speziellen künstlerischen Auftrag). Fett- oder Kursivsatz, den schon das typographische Medium ausdifferenziert hat, kann um malerische, künstlerische und individualisierte Varianten erweitert werden. Wie an der, vor allem in der Werbung schon ablesbaren 'neuen' Typographie ersichtlich wird, 'veralten' die harten, linearen, nur für eine Fläche konzipierten Formen im Augenblick rasch. Damit sind wir auch schon beim zweiten auf dieser Internetseite transformierten Medium, eben dem typographischen. Obwohl natürlich der nachfolgende Text schon auf dem als Schreibmaschine benutzten Computer produziert wurde, folgt er doch ganz der Logik linearer, beschreibender typographischer Textproduktion. Und er nutzt auch die Standardschriftsprache, wie sie sich erst im Druckmedium herausgebildet hat. Der elektronischen Technologie macht diese Übersetzung und auch ihre Rücktransformation, den Ausdruck auf Papier, kaum mehr Probleme. Andererseits sind diese Texte natürlich auf eine hochkomplexe elektronische Produktions- und Verbreitungstechnologie angewiesen und hoffentlich auch so in die Benutzeroberfläche eingebaut, daß zusätzliche Erkenntnis-, Speicherungs- und Kommunikationsformen möglich werden. Sicherlich sind wir, was die Hypertextorganisation und die Aufbereitung (sic !) von sprachlichen Informationen angeht, noch in der Experimentierphase. Worauf es in dieser Fußnote/diesem Link ankommt: Neue Medien sind, je erfolgreicher desto stärker, immer schon Teil eines kommunikativen Ökosystems - und nur im Zusammenwirken mit anderen, natürlich älteren Informationssystemen und -medien, zu haben und zu verstehen. Ohne die Kenntnis der Logik der alten Informationssysteme und -medien fallen Innovationen und ein Wechsel des Emergenzniveaus schon bald kaum mehr auf. Dann wird es noch schwieriger das Gesamtsystem zu begreifen, von dem die neuen Formen nicht nur bloß die Spitze des Eisberges sind, sondern die selbst schon als Spiegelungen und Transformationen älterer ins Leben treten. Wer nur die neuen Medien untersucht, untersucht selbst diese nur am Rande. |
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