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S. 171 |
„…Ästhetische Information hat
zum Unterschied zu semantischer nicht das Ziel, Entscheidungen vorzubereiten,
sie hat kein Ziel im eigentlichen Sinne, Intentionalität gehört
nicht zu ihrem Wesen, sie löst effektiv innere Zustände aus, und
nur deren Auswirkungen können – wenigstens in typischen Fällen
– von Psycho-Ästhetikern oder sogar Psychophysiologen objektiv
festgestellt werden (ästhetische Ergriffenheit, physiologische Arbeiten
über Musikempfinden usw.). Sie hat also keinerlei Nützlichkeitscharakter;
»Art is quite useless« sagt WILDE, doch wäre es
einseitig, ästhetische Information auf Kunst im eigentlichen Sinne
zu beschränken. Wenn sie Reaktionen herbeiführt, sind diese weder
unmittelbar noch notwendig. Ästhetische Information ist kanal-spezifisch,
sie wird durch einen Wechsel des Kanals stark verändert. …“
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„…Genauer als mit Hilfe der eben angewendeten
Konvergenzmethode, kann man die ästhetische Information durch Gegenüberstellung
mit der semantischen charakterisieren. …“ |
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S. 173 |
„…Nachrichten mit rein semantischem oder rein
ästhetischem Inhalt sind nur Grenzfälle, dialektische Pole. Jede
reale Nachricht enthält immer das eine und das andere in einem bestimmten
Mischungsverhältnis. Während die semantische Information sich
an universale Aspekte der geistigen Struktur des Individuums wendet und
sich deshalb recht leicht objektiv messen und bestimmen lässt, ist
die ästhetische Information dagegen aleatorisch und spezifisch für
den Empfänger, da sie entsprechend seinem Besitz an Kenntnissen, Zeichen
und Strukturierungen a priori variiert; sie ist sehr wenig
erforscht und schwierig zu messen. …“ |
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S. 174 |
„ In einem Theaterstück gehören Inhalt,
Handlung und Fabel zur semantischen Information, desgleichen grammatische
Strukturen und logische Implikationen. Das Spiel der Darsteller, die Wärme
ihrer Stimme, Ausdruck und Reichtum der Regie gehören zur ästhetischen
Information. Offenbar sucht der Hörer gerade sie im Schauspiel, eher
als etwa die ‘Geschichte’ eines Wilhelm Tell. …“ |
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S. 251-252 |
„…Aber beim Abschluss dieser Arbeit
über die Anwendung der Informationstheorie auf die Wahrnehmung müssen
wir uns darüber klar sein, dass das Kunstwerk nur ein typischer, leicht
zu definierender Fall des Zyklus Wahrnehmung-Reaktion ist, der das Hauptproblem
der experimentellen Psychologie darstellt, ein Fall, in dem die Wahrnehmung
im engeren Sinne den Vorrang hat und sich objektiver manifestiert als die
Reaktion. In diesem Sinne ist sie einfacher und zugänglicher, aber
der ursprüngliche Sinn des Wortes ‘Ästhetik’ geht
weit über das Problem der Kunst hinaus. ‘Ästhetik’
im weiteren Sinne ist Untersuchung der Art und Weise, wie die Umwelt empfunden
wird, der Position des Individuums in dieser Umwelt; deshalb müsste
unsere Darstellung der Dialektik Originalität/Verständlichkeit
normalerweise im größeren Rahmen der Beziehungen des menschlichen
Wesens zur Welt gesehen werden, im Rahmen der Phänomenologie der Wahrnehmung;
sie ist in der Praxis infolge der individuellen Gesichtspunkte, die die
Aufmerksamkeit beherrschen und das allgemeine Problem verdunkeln, fluktuierender,
subjektiver und komplizierter. Daher halten wir diese Studie über die
Wahrnehmung vorläufig im Rahmen der wissenschaftlichen Ästhetik,
der künstlerischen Nachricht. …“ |
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