Beispiel Kodierung zweier Erzählungen nach dem „Programm der Darstellung selbsterlebter Interaktionserfahrungen in sozialen Systemen“
   

Kodierung der Erzählung aus dem Hufschmied-Korpus

Die erste Erzählung handelt von einem Hufbeschlag, bei der eine Schulklasse zuschauen durfte. Später sollten die Schüler eine Erzählung über den Besuch in der Schmiede verfassen.

Erzählung einer Schülerin an eine Freundin über den Schulbesuch in einer Schmiede:
 

1
„Du, 8
2
am Samstag haben wir mit der Klasse 3b
3
eine Schmiede besucht. 3a
4
War eigentlich wirklich interessant! 6b
5
Zuerst hat der Schmied einiges erklärt über Werkzeuge und verschiedene Hufeisen. 5a
6
Das Pferd verhielt sich so ruhig, 5a
7
als ob es einen Hufbeschlag jeden Tag mitmachen müsse. 4c
8
Als der Schmied das abgestorbene Horn abschlug, 5a
9
hat es ganz schön gestunken. 4b
10
Ebenfalls auch beim Aufpassen des Eisens durch das Wegbrennen des Horns. 4b
11
Dann wurden die Nägel eingeschlagen. 5a
12
Das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, 4c
13
dass das dem Tier nicht wehtut. 5b
14
Mit der Zeit wurde uns kalt, 4b/ 5b
15
und wir fingen an zu albern. 4a/ 5a
16
Als das Pferd beschlagen wir, hat der Schmied uns noch ein paar
alte Eisen geschenkt.“
5a
 
Kodierung einer Erzählung aus dem Korpus von Labov und Waletzky

Die zweite Erzählung entstammt einer Untersuchung zur Erzähltheorie von William Labov und Joshua Waletzky (Mündliche Versionen persönlicher Erfahrung. In: Ihwe, Jens (Hrsg.): Literaturwissenschaft und Linguistik. Eine Auswahl Texte zur Theorie der Literaturwissenschaft. Frankfurt a.M. : Athenaeum Fischer Taschenbuch Verl., 1972-1973. Band 2, S. 88. Die beiden Autoren haben für die Untersuchung 600 Personen im Alter von 10 bis 72 Jahren interviewt. Alle Versuchspersonen, die über keinen qualifizierten Schulabschluss verfügten, sollten über eine lebensbedrohliche Situation ihres Lebens erzählen. Auslöser für die Erzählung war die Frage: „Waren Sie einmal in einer Situation, wo Sie in ernster Gefahr waren, getötet zu werden?“ Die hier wieder gegebene Erzählung handelt von einem Pfadfinder, der beinahe ertrunken wäre.
 

1
Ja, ich war bei den Pfandfindern zu der Zeit. 3c
2
Wir schwammen gerade die 50 Yards, Wettkampf 3c
3
wir waren am Pier eingeteilt 3a
4
und so schwammen wir die 50 Yards. 4a/ 5a
5
Es waren etwa 8 oder 9 von uns, wissen Sie, die runter-
schwammen, und wieder zurückkamen.
5a
6
Und als ich das dritte Mal runterschwamm, 4a
7
bekam ich einen Krampf und 4b
8
begann zu schreien: „Hilfe!“, 4a
9
aber keiner glaubte mir, 5b
10
wissen Sie. 8
11
Sie meinten, ich versuchte nur aufzuholen, 5c
12
denn ich schwamm weiter oder wurde langsamer.  
13
So schwammen alle einfach weiter. 4a
14
Sie ließen mich zurück. 5a
15
Und so ging ich runter. 4a
16
Der Gruppenführer war da oben. 3a/ 3b?
17
Er beobachtete mich, 5a
18
aber er beachtete mich auch nicht weiter. 5b/ 5c
19
Und ohne irgendeinen Grund war da einer, 6a
20
der eben in dieser Minute dazugekommen war ...  
21
Er sprang rüber und packte mich. 5a