Es mag Bereiche geben, wo die im Alltag und in manchen
wissenschaftlichen Schulen übliche Redeweise, Worte würden Dinge
bezeichnen oder repräsentieren, Sinn macht. Aus kommunikativer Perspektive
stiftet diese Verkürzung vor allem Verwirrung. Kein Zeichen steht
für eine Sache oder einen Prozeß. Wenn jemand mit: 'Dies ist
ein Haus' auf ein Haus hinweist, so muß der Hörer die Wahrnehmung
des Zeigenden nachvollziehen, um seine Aufmerksamkeit auf den Gegenstand
zu richten. Das Zeigwort 'dies' begleitet einen Informationsverarbeitungsprozeß
und das Nomen Haus benennt zunächst Repräsentationen bei dem
Zeigenden und dann, im günstigsten Fall, auch bei dem Zuhörer
und Betrachter.
Wenn in einem Laden an einer Pflanze das Schild 'Ficus Benjaminus' befestigt
ist, so wissen wir, daß irgend jemand diese Pflanze so bezeichnet
hat. Er kann sich gemäß der botanischen Klassifikationsprinzipien
verhalten haben - und hat dann die Pflanze auf bestimmte Merkmale hin
genau betrachtet - oder auch nicht. Das Schild gibt zunächst Auskunft
nur über die Typisierungen desjenigen, der es angeheftet hat.
Wenn wir uns in die Welt der wissenschaftlichen Diskurse begeben, dann
befinden wir uns vollends in einer 'virtuellen' Welt. Die Worte geben
uns Anweisungen, wie wir Informationen zu gewinnen, zu speichern, zu analysieren
und darzustellen haben. Zu den Sachen kommen wir nur über unsere
eigene Informationsverarbeitung und über Antizipationen der Informationsverarbeitung
unserer Gesprächspartner.
(Dies zu berücksichtigen ist im übrigen gerade für Pädagogen
und Berater sinnvoll. Sie erklären beispielsweise ihren Schülern
nicht 'die Welt', sondern schlagen ihnen vor, bestimmte Standpunkte bei
ihrer Wahrnehmung einzunehmen, bestimmte Klassifikationsprogramme zu verwenden
usf. Und sie sollten sich dabei auch darüber im klaren sein, daß
sie nur über ihre eigenen Programme und Informationen über die
Welt berichten und das andere Personen möglicherweise andere Programme
haben. Ebenso hat der Berater zu berücksichtigen, daß die Sachverhaltsbeschreibungen
seines Klienten etwas über die Art und Weise aussagen, in der dieser
diese Sachverhalte erfährt und verarbeitet und - falls der Berater
sie für zutreffend hält - etwas über die Ähnlichkeiten
zwischen den Wahrnehmungsweisen des Klienten und seinen eigenen.)
Die Sprache als soziales Verständigungsmittel bezieht sich also grundsätzlich
nur auf Informationen. Sie ist das Produkt sozialer Wahrnehmungs- und
Informationsverarbeitungsprozesse und sie ist außerhalb bzw. ohne
Kenntnis derselben funktionslos. Es gibt deshalb keine unmittelbare Beziehung
zwischen der Sprache und den Sachen, sondern nur zwischen der Sprache
und den Informationen, im Falle unserer Standardsprache sind dies immer
soziale Normalformerwartungen, idealtypische Klassifikationen und Programme.
Weil dies so ist und weil die gesellschaftlich relevanten Strukturen sozial
reflektiert und deren Reflektionen sprachlich gespeichert werden, kann
die Makroanalyse sozialer Prozesse als Normalformrekonstruktion und Normalformanalyse
erfolgen.
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