Der Ausgangspunkt der Analyse ist hierbei immer die mittlere Sequenz.
Damit wird auch deutlich, daß rekonstruktive Verfahren ausschließlich
im nachhinein, nach Abschluß der Interaktion angewendet werden können.
Betrachten wir eine Gesprächssequenz, an der zwei Personen beteiligt
sind und die sich über drei Turns erstreckt, und nehmen wir an, daß
die Person, die während des ersten Turns die Rolle des Hörers
übernommen hatte ihrerseits zum Sprecher wird: In dieser Situation
stellt sich der wissenschaftliche Beobachter auf den Standpunkt des ehemaligen
Sprechers und jetzigen Hörers und versucht, dessen Perspektive einzunehmen.
Dieser Standpunkt und diese Perspektive sind als Erwartungen des Hörers
aus der vorigen Sequenz schon bekannt und können nun überprüft
werden. Die Äußerung des ehemaligen Zuhörers und jetzigen
Sprechers ermöglicht eine Überprüfung der Hypothese über
dessen Bedeutungszuschreibung zu der Äußerung des Sprechers
in der vorigen Sequenz. Um zu überprüfen, ob die Bedeutungszuschreibungen
zwischen den beiden Interaktionspartnern tatsächlich reziprok sind,
ist es erforderlich, die nachfolgende dritte Sequenz dieser Interaktionsgeschichte
zu verfolgen. Man geht davon aus, daß Unterstellungen über
Rollen, Programme und Bedeutungszuschreibungen, die von dem Gegenüber
nicht geteilt werden, frühestens in dieser Sequenz zurückgewiesen
werden können.
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