| Die Epistemologie der KomSofo in Abgrenzung zur neuzeitlichen natur- und sozialwissenschaftlichen Erkenntnistheorie | |
Das Verständnis des Forschers und seiner 
        Beziehung zu den Untersuchungsgegenständen ist in der kommunikativen 
        Sozialforschung ein grundsätzlich anderes als in der empirischen 
        Sozialforschung und im traditionellen neuzeitlichen Wissensverständnis 
        überhaupt.   | 
  
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|   Wahrnehmung-Analyse-Darstellung  | 
  
Natürlich haben Wissenschaftler immer 
        gewußt, daß sie ihre Untersuchungsobjekte beeinflussen und 
        von diesen vielfältig beeinflußt werden und daß ihre 
        Modelle nicht nur etwas über das Untersuchungsobjekt sondern auch 
        etwas über sie selbst und das Forschungssetting aussagen. Aber sie 
        haben an dem Ideal der Subjekt-Objekt-Trennung und der Objektivität 
        von Beschreibungen festgehalten.  | 
  
| Gestalte die Datenerhebung so, 
      daß möglichst wenig Wechselwirkungen zwischen dem Forscher und 
      seinen Untersuchungsgegenständen auftreten können! (Diesem Ideal kommt die Beobachtung hinter einer Einwegscheibe vielleicht am nächsten.)  | 
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| Verändere die Beziehung 
      zwischen Dir und den Untersuchungsobjekten möglichst nicht: Halte die 
      gleiche Distanz! Nutze die gleichen Beobachtungskategorien! Tue so, als 
      ob während der Datenerhebung die Zeit still steht. (Dies gelingt nur, wenn die Datenerhebung als Momentaufnahme oder als Folge von Momentaufnahmen gestaltet ist, die Zeit also als stillstehend während des Wahrnehmungsvorganges behandelt wird.)  | 
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| Versuche Dich als Forscher als 
      eine hochselektive rationale Wahrnehmungs- und Auswertungsmaschine zu verhalten, 
      die möglichst nach den ausbuchstabierten Wahrnehmungs- und Kodierungsrastern 
      funktioniert! (Andere Sinneserfahrungen, Affekte, Assoziationen etc. stehen im Widerspruch zur Forderung nach Rationalität, Überprüfbarkeit usf.)  | 
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| Das Modell soll den Untersuchungsgegenstand (und nicht den Forscher) beschreiben. | 
|   Die Beschreibung soll  | 
  
| schriftsprachlich, in mathematischen Formeln und/oder graphisch erfolgen | |
| allgemein, d. h. möglichst | |
| an allen Orten | |
| zu allen Zeiten | |
| für alle Personen/Rezipienten | 
|     Dieses erkenntnistheoretische Ideal hat sich im Spätmittelalter 
        mit der Herausbildung visueller, hochgradig genormter Wahrnehmungs- und 
        graphischer Darstellungsformen gesellschaftlich etabliert. ('Perspektive') 
        Im Werk von Albrecht Dürer wird es erstmalig einfach und klar für 
        eine breite Öffentlichkeit als der "richtige Weg" zu wahrer 
        Erkenntnis beschrieben, - und dem Ideal handwerklicher Kunst gegenübergestellt. Zugleich liefert Dürer auch das Konzept mit, nach dem diese Wissensproduktion sozialisiert, vernetzt werden soll. Es ist ja typischerweise so, daß das eben beschriebene Erkenntnismodell vom einzelnen (ggf. mit Technik bewehrtem) Forscher ausgeht. Die Vergesellschaftung wissenschaftlicher Erkenntnis erfolgt in einen hart abgegrenzten zweiten Schritt nach dem folgendem Modell:  | 
  
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|   Forschungsprozeß und -kommunikation (Rückkopplung) in der traditionellen (empirischen Sozial-) Forschung  | 
  
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|   Zusammenfassung Die Methodik und Methodologie der neuzeitlichen Natur- und Sozialwissenschaft entspricht den Anforderungen von Wissenproduktion und -verbreitung unter den Bedingungen interaktionsarmer Massenkommunikation. Das gedruckte Buch(1) ist der hauptsächliche Speicher und Transmissionsriemen. Die KomSofo orientiert sich daneben und schwerpunktmäßig am Dialog und leistet einen Beitrag zu einer Epistemologie interaktionsintensiver Kommunikation, wie sie auch für neue Vernetzungsformen wie dem Internet wichtig sind. Sie ist auch was die Datenauswertung und -speicherung angeht ohne die elektronischen Medien nicht denkbar.  | 
  
| (1) Giesecke, Michael; Von der typographischen zur elektronischen Konstituierung von Daten in den Sozial- und Sprachwissenschaften. In: Lili, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, H. 90/91, Jg.23, 1993: S.23-29 |