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Systemtheoretische Grundlagen der Kommunikativen Sozialforschung |
Die allgemeine Systemtheorie und die Theorie
sozialer Systeme, vor allem in der von Niklas Luhmann vertretenen Variante,
bilden einen wichtigen Pfeiler für die Methodologie der Kommunikativen
Sozialforschung - zumindest in der Form, wie ich sie hier vertrete. Traditionellerweise
hatte sie sich eher auf den Symbolischen Interaktionismus, die Ethnomethodologie,
die Wissenssoziologie und andere soziologische Schulen gestützt.
Hier Abb. 1 (Allgemeine Systemtheorie) einfügen! Wenn wir nun versuchen soziale Phänomene, wie z.B. Seminare, Interviewsituationen,
Verkaufsgespräche oder ähnliches als soziale Systeme zu betrachten,
so verlangt dies von uns, daß wir ihre vier Dimensionen nacheinander
gründlich beschreiben. Mehr oder weniger intuitiv und vor allem mehr
oder weniger vollständig tun wir dies im Alltag und auch bei den
ersten Forschungsschritten beständig. Z.B. enthält das Deckblatt
einer Transkription immer Informationen über die Komplexitätdimension
des sozialen Systems, in denen das Gespräch abgelaufen ist. Es führt
die beteiligten Personen auf, macht Angaben über deren soziale Beziehungen,
z.B. indem es Rollenzuschreibungen vornimmt. Hier Abb. 2 'Die unterschiedlichen Umweltsysteme' einfügen! Die Beschreibung der dynamischen Dimension ist das Ziel der meisten Gesprächsanalysen.
Es ist erreicht, wenn man das Ablaufmuster der Gespräche oder der
Gesprächstypen rekonstruiert hat. Das im Kapitel 7 geschilderte Erzählmodell
besteht im wesentlichen aus einer solchen Beschreibung der dynamischen
Dimension eines bestimmten Gesprächstyps. Alle Normalformanalysen
richten sich ebenfalls auf die Aufdeckung solcher Abdeckmuster. Der Grad der Selbstreflexion wird von Niklas Luhmann zum Kriterium für die Unterscheidung verschiedener Systemtypen genommen: einfache Sozialsysteme (Inter-aktionssysteme) reflektieren ihre Programme nicht. Organisierte Sozialsysteme haben demgegenüber immer neben latenten auch festgeschriebene Strukturen. Gesellschaftssysteme haben nicht nur solche festgeschriebenen Strukturen, z. B. in Form von Gesetzen, sondern sie entwickeln über kurz oder lang auch noch Theorien über diese selbstreflexiven Regeln. Sie betreiben eine Selbstreflexion der Selbstreflexion. Solange wir uns nur mit klassischen soziologischen Fragestellungen beschäftigen,
mit der kommunikativen Sozialforschung nur soziale Systeme beschreiben
wollen, mögen diese Überlegungen ausreichen. Wenn es jedoch
darum geht, Kommunikation und Kommunikationssysteme zu untersuchen, dann
benötigen wir neben der Theorie sozialer Systeme auch noch Modellvorstellungen
über informationsverarbeitende Systeme und über Kommunikation.
Diese Modelle sollen es ermöglichen, die vielfältigen Formen
sozialen Handelns, juristisches, wirtschaftliches, religiöses usf.
auf den Aspekt der Informationsverarbeitung bzw. der Kommunikation zu
reduzieren. Hier Abb. 3 'Komplexität und Dynamik informationsverarbeitender Systeme' einfügen! |