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Das Standardwissen über Verkaufsgespräche |
(Maren Niehhuis) | |
Kundengespräche sind eine Form der Interaktion
zwischen Menschen, die einem bestimmten Zweck, dem Verkauf bzw. dem Kauf
einer Ware bzw. Dienstleistung dienen. Die gängige Literatur zu diesem
Thema wendet sich dabei dem Verkäufer zu. Die Fähigkeit des Verkäufers
Waren und Dienstleistungen zu verkaufen soll verbessert werden. Dazu werden
Ablaufschemata, Kundentypisierungen, Hinweise zur Verbesserung der verbalen
Ausdrucksfähigkeit, sowie zum Teil Hinweise zum Verständnis des
nonverbale Verhalten beschrieben. Ein Charakteristikum dieser Literatur
scheint dabei zu sein, daß einerseits die Wichtigkeit des nonverbalen
Verhaltens immer wieder betont wird, aber andererseits die Hinweise zum
nonverbalen Verhalten oft recht schwammig formuliert werden Zunächst wird daher ein Ansatz zur Beschreibung des Ablaufes von Verkaufsgespächen vorgestellt. Er kann zur makroanalytischen Auswertung herangezogen werden. Im weiteren werden dann die nonverbalen Beschreibungsperspektiven, die von unterschiedlichen Richtungen benutzt werden, vorgestellt. |
1. Ablauf von Verkaufsgesprächen Eine differenzierte Betrachtung des Ablaufes von Verkaufsgesprächen wurde von BRONS-ALBERT (1995) entwickelt. Der von ihr beschriebene Phasenablauf (Abb.19) von Verkaufsgesprächen, der im wesentlichen eine Beschreibung der dynamischen Dimension ist, wurde anhand von Tonbandaufzeichnungen rekonstruiert, die in einer Buchhandlung aufgenommen wurden. Aufgrund der Natur von Tonaufnahmen wurde das nonverbale Verhalten nicht näher untersucht. Ein Teil der Untersuchung bezog sich darauf, wer an bestimmten Stellen des Ablaufs die verbale Initiative übernimmt. Für die Untersuchung der nonverbalen Kommunikation könnten diese Stellen des Ablaufes lohnend sein, sofern man annimmt, das sich die verbale Initiative auch im nonverbalen Verhalten zeigt. Denkbar wäre hier zum Beispiel ein Leading durch denjenigen, der die Initiative übernimmt, wobei sich gleichzeitig die Frage stellen könnte: Ist die Übernahme der Initiative durch einen der Interaktionspartner schon erkennbar, bevor sie sich verbal äußert? Insofern könnte dieses Ablaufschema einen Ansatzpunkt für Untersuchungen im nonverbalen Bereich liefern. |
Abb.: Überblick über die Phasen von Verkaufsgesprächen |
1.1 Eröffnungsphase Die Eröffnungsphase ist der Beginn des Verkaufsgespräches und besteht vollständig aus bis zu drei Teilschritten. |
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In Schritt 1 begrüßen sich Kunde und Verkäufer.
Hier ist nicht festgelegt, wer zuerst grüßt, also die Initiative
übernimmt. Fällt Schritt 1 weg und der Verkäufer bietet Bedienung
an, so übernimmt er die Initiative. Das Äußern des Kaufwunsches
ist dagegen kundeninitiiert. Die weitere Entwicklung des Verkaufsgespräches ist wesentlich von dem Kaufwunschtyp des Kunden abhängig: |
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Ein Beispiel für Eröffnung 1 wäre die Frage: Ich suche ein Buch/ einen Blumenstrauß für eine ältere Kollegin". Kunden mit dem Kaufwunschtyp der Eröffnung 2 interessieren sich für eine bestimmte Ware, wissen jedoch nicht genau, ob sie paßt. Ihnen fehlt zum Kauf der Ware eine bestimmte Information z.B. "kann ich eine Yucca-Palme auch in einem Zimmer mit Dachfenster aufstellen?" Die Äußerung "Ich habe neulich bei einer Nachbarin so eine Pflanze gesehen, mit so länglichen Blättern und weißen Blüten, die so ungefähr wie Margeriten ausgesehen haben", kann man Eröffnung 3 zuordnen. | ||||||||||
1.2 Kaufwunschpräzisierungs- und Demonstrationsphase Die fakultative Kaufwunschpräzisierungsphase beginnt mit der ersten präzisierenden Frage des Verkäufers an den Kunden. Sobald der Wunsch des Kunden hinreichend präzisiert erscheint, beginnt der Verkäufer mit der Präsentation von Waren. Die Präzisierungsphase ist eine sehr kurze Phase, in der die Art der gewünschten Ware nur so weit präzisiert wird, daß eine Demonstration von Waren möglich erscheint. Die anschließende Demonstrationsphase dient daher häufig nicht nur der Präsentation von Waren sondern auch der weiteren Kaufwunschpräzisierung. Die Kaufwunschpräzisierung kann auch ausschließlich während der Demonstrations-phase erfolgen, ohne daß zuvor eine Kaufwunschpräzisierungsphase stattgefunden hat. Der Übergang zwischen der Kaufwunschpräzisierungs- und der Demonstrations-phase kann sowohl durch den Kunden als auch durch den Verkäufer erfolgen. Dauert die Kaufwunschpräzisierung zu lange, so initiiert der Kunde die Demonstrationsphase, wie zum Beispiel in folgendem Gespräch (BRONS-ALBERT, 1995): |
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Die Demonstrationsphase wird fast immer auf die Initiative des Kunden hin beendet. Dafür gibt es 3 Möglichkeiten: a) Der Kunde erklärt, daß ihm keine der präsentierten Waren gefällt oder daß er sich zur Zeit nicht entscheiden kann. Daraufhin geht der Kunde meist zu einer Gesprächsbeendigungsinitiative über und bedankt oder entschuldigt sich. In diesem Fall kann es zu einer Krise kommen, wenn der Verkäufer nicht auf die vom Kunden intendierte Beendigung des Gespräches eingeht, sondern weiterhin versucht Waren zu präsentieren: | ||||||||||||||||||||
"Die Kundin setzt zu einer Gesprächsbeendigungsinitiative an: | ||||||||||||||||||||
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(BRONS-ALBERT, 1995) | ||||||||||||||||||||
Die zweite Möglichkeit zur Beendigung der Demonstrationsphase ist ebenfalls kundeninitiiert. Der Kunde gibt eine Kaufzusage für eine der präsentierten Waren, worauf der Verkäufer zur Abwicklung übergeht. Bei der dritten Möglichkeit äußert der Kunde weiterhin Interesse für die präsentierten Waren und bittet den Verkäufer um Hilfe bei der Entscheidung. In diesem Fall schließt sich an die Warendemonstration die Argumentationsphase an. | ||||||||||||||||||||
1.3 Argumentationsphase Die Argumentationsphase findet entweder nach einer Demonstrationsphase statt oder im Verlauf von Verkaufsgesprächen, in denen ein spezieller Kaufwunsch des Kunden schon in der Eröffnungsphase angesprochen wird (Eröffnung 2). In diesem Fall ist die Argumentationsphase obligatorisch. Der Verkäufer hat die Aufgabe den Kunden durch Argumentieren zum Kaufentschluß zugunsten diese bzw. eines in Frage stehenden Artikels zu führen (auch Eröffnung 3, wenn nur eine entsprechende Ware zur Verfügung steht). Die Argumentationsphase wird durch eine Kundeninitiative beendet, und zwar durch die verbindlich Kaufzusage bzw. die Absage. |
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1.4 Aushandlungsphase Diese Phase ist fakultativ und tritt auf, wenn zum Beispiel nach den Geschäftsbedingungen gefragt wird. Hier kann zum Beispiel vereinbart werden, daß entgegen der üblichen Geschäftspraxis im Fall eines Umtausches das Geld zurückgegeben wird, statt der Ausstellung eines Gutscheins über den Betrag. |
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1.5 Abwicklungsphase und Gesprächsbeendigungen Die Abwicklungsphase erfolgt nach der verbindlichen Kaufzusage des Kunden, mit der das Ziel des Gespräches erreicht ist. In ihr erfolgen die Handlungen des "Kassierens" und des "Übergebens der Ware". Daneben können noch zusätzliche Aktivitäten wie "als Geschenk verpacken", "Quittung ausstellen ", u.a.m. auftreten. Während der Abwicklung können Nebendiskurse (z.B. über das Wetter) auftreten. So kann zum Beispiel der Verkäufer während des Verpackens als Geschenk einen Nebendiskurs einleiten, um die Wartezeit für den Kunden zu verkürzen. Auf die Abwicklung folgt nur noch die Geprächsbeendigung, in der sich Kunde und Verkäufer voneinander verabschieden. |
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1.6 Verkaufsgespräche ohne
Warendemonstration Die Verkaufsgespräche, die sich durch die Eröffnungen 2 und 3 ergeben enthalten keine Demonstrationsphase. Eröffnung 2: Der Kunde hat schon in der Eröffnung gesagt, daß er sich für eine bestimmte Ware interessiert und will vom Verkäufer wissen ob diese geeignet ist. In diesem Fall folgt direkt auf die Eröffnung die Argumentationsphase. Bei Eröffnung 3 fehlen dem Kunden bestimmte Informationen um eine Ware eindeutig zu identifizieren. Aufgabe des Verkäufers ist es dann mit Hilfe der Angabe des Kunden herauszufinden, um welche Ware es sich handelt. Die hier untersuchten Verkaufsgespräche stammen aus einer Buchhandlung, in der Buchhändler dann mit Hilfe von Bibliographien herausfindet, um welches Buch es sich handelt. Es wäre denkbar, daß in einer Gärtnerei eine solche Suche auch durch Vergleiche mit den dort befindlichen Pflanzen stattfinden kann, so daß es hier doch zu einer Art Warendemonstration kommen könnte. Das Suchen und Auffinden einer bestimmten Ware in der Buchhandlung und in einer Gärtnerei wird sich dadurch sicherlich unterscheiden. Hier zeigt sich das Phasenablaufschema für den Verkauf in Buchhandlungen möglicherweise nicht vollständig auf eine andere Branche übertragbar. |
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