Allgemeine Medienwissenschaft (W. Faulstich)

 

Aus: Werner Faulstich: Einführung in die Medienwissenschaft. München 2002,
S. 56/7.
 

„Die allgemeine Medienwissenschaft, zu verstehen als integrative Einheit unterschiedlicher Disziplinen – Publizistikwissenschaft, literaturwissenschaftliche Medienwissenschaft und Einzelwissenschaften wie Film-, Buch- oder Theaterwissenschaft-, rekurriert ihrerseits auf zahlreiche weitere einschlägige Bestandteile anderer Disziplinen, die dort meist nur als Randphänomene gelten.
Die Schwerpunkte bei diesen transmedialen Bezugnahmen unterscheiden sich im historischen Wandel. Derzeit könnte man die folgenden Beispiele nennen:
 

Disziplinen

Themenschwerpunkte (Beispiele)
Geschichtswissenschaft Mediengeschichte als Geschichte von Einzelmedien, nach bestimmten Kriterien (z.B. Technik, Institutionen, Personen, Produkte) oder als Teil von Kultur- und Gesellschaftsgeschichte, Prinzipien der Mediengeschichtsschreibung
Wirtschaftswissenschaften Medienorganisationen, Medienunternehmen/-konzentration, Medienbranchen und -märkte, Ökonomie des Mediensystems insgesamt, politische Ökonomie der Medien, Werbemedien
Soziologie Medienbesitz und Mediennutzung, Medienkonsum als Freizeitbeschäftigung, soziale Medienfunktionen, Medien und gesellschaftlicher Wandel, Globalisierung von Medienkulturen
Politikwissenschaft Massenmedien und Demokratie, Medienpolitik der Regierung, der Parteien, der Medienwirtschaft und gesellschaftlicher Institutionen und Organisationen, Öffentlichkeit als mediales Forum, Medieninszenierung der Politiker
Rechtswissenschaften Presserecht, Rundfunkrecht, Filmrecht, Videorecht, Bildschirmtextrecht, Telekommunikationsgesetzgebung, Internet-Rechtsprechung, Musik und Urheberrecht, Geschichte des Medienrechts, Jugendschutz, Zensur
Psychologie Kommunikator- und Rezipientenforschung, Medienwirkung, insbes. Medien und Gewalt, Agenda-Setting, Nutzensansatz, Medienkonsum als parasoziale Interaktion, Mediensozialisation
Philosophie/Ethik Journalistenethik, Organisationsethik, Publikumsethik, Werte und Wertewandel
 
Die Bandbreite medienwissenschaftlicher Themen und ihrer Links mit traditionellen Disziplinen ist enorm und erweitert sich kontinuierlich mit dem Wandel der fokussierten Probleme und den Veränderungen der Einzelmedien und des gesamten Mediensystems. Überschaubar bleibt sie gleichwohl: erstens durch die Begrenztheit der jeweiligen Fragestellung, zweitens durch die endliche Zahl der Medien und drittens durch die Begrenztheit ihrer Funktionen (Kommunikation, Information, Speicherung, Unterhaltung, Ausbeutung, Integration, Unterdrückung, Bildung, Steuerung, Simulation, Emanzipation u.a.), auch wenn diese noch nicht hinreichend erforscht wurden (Faulstich 1988; 1989; Burkart 1998, 368).“