Fliesstext Kommunikationswissenschaft als Subsystem von alten und neuen Metadisziplinen

 

 

Neben den traditionellen Einzelwissenschaften hat es schon immer Metatheorien gegeben, die allgemeinere Modelle aus den Objekten der Basisdisziplinen abgeleitet und diesen wiederum zur Verfügung gestellt haben. Hierzu zählen seit altersher die Mathematik, die Logik und anderer Abteilungen der Philosophie. Zu diesen alten Metadisziplinen sind in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von weiteren Metatheorien getreten, die in vielen Einzelwissenschaften angewendet werden können: system analysis, Chaos- und Koevolutionstheorien, Synergetik, Kybernetik, Konnektionismus und andere Netzwerktheorien usf. Einzelne, wie etwa die Informatik haben sich zu selbständige Disziplinen entwickelt, andere sind von den traditionellen Einzelwissenschaften inkorporiert und/oder dienen als Grundlage für transdisziplinäre Kooperation.
Wie verhält sich die Kommunikationswissenschaft zu diesen Metadisziplinen?
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten. Einmal kann die Kommunikations- und Medienwissenschaft als Subsystem solcher Metadisziplinen ausgebaut werden. Zum anderen wird versucht, sie als eigenständige Metadisziplin zu entwickeln. Der erste Weg beginnt, indem in den Disziplinen, die sich mit den Modellwelten der historisch vorfindlichen Einzelwissenschaften beschäftigen, einzelne Teilbereiche und spezielle Probleme mit dem Attribut ‘kommunikativ’ ausgezeichnet werden. Bspw. kann die Semiotik die Entstehung von Zeichen und/oder Symbolen (Semiose), die Systemtheorie die Entstehung von Systemen die Prozesssteuerung als Kommunikation begreifen.
Diese systemischen, kybernetischen u.a. Kommunikations- und Medientheorien haben jedoch genauso wenig wie die Kommunikationsmodelle der Basisdisziplinen zu einem eigenständigen Objektbereich ausgebaut werden können.
Große Bedeutung hat in der deutschsprachigen Medienwissenschaft in den letzten Jahren der Versuch erlangt, Kommunikation als Subsystem einer allgemeinen konstruktivistischen Epistemologie zu etablieren. In Fortschreibung älterer interaktionspsychologischer Ansätze, z.B. von R. D. Laing, werden Probleme der Beobachtung von Beobachtung und überhaupt der kollektiven Konstruktion (und Dekonstruktion) von Realitäten und Identitäten als ‘Kommunikation’ ausgezeichnet.
(Vgl. z.B. S. J. Schmidt)
Vermutlich muss man auch die Versuche, eine allgemeine Medienphilosophie zu schreiben, unter diese Kategorie zählen.
Es geht im Grunde um einen Aufbau einer philosophischen Subdisziplin, deren Gegenstände eben Medien und/oder Kommunikation sein sollen.


Vgl. Münker, Stefan/ Roesler, Alexander/ Sandbothe, Mike (Hg.), Medienphilosophie. Beiträge zur Klärung eines Begriffs, Frankfurt a. M., Fischer 2003
sowie: Mike Sandbothe: Medien- Kommunikation- Kultur. Grundlagen einer pragmatischen Kulturwissenschaft. in: Kulturwissenschaften. Theorien- Methoden- Forschungsansätze, hrsg. von Friedrich Jaeger, Burkhard Liebsch und Jörn Rüsen, Stuttgart und Weimar: Metzler 2003 (auch in: Kulturwissenschaft als Kommunikationswissenschaft: Projekte, Probleme, Perspektiven, hrsg. von Matthias Karmasin und Carsten Winter, Opladen: Westdeutscher Verlag 203, S. 257-271
Leitfaden:Positionen der Kommunikationswissenschaften