![]() |
Ebenen und logische Typen: ontologische und strukturelle Emergenz von Informationen |
|
Ohne eine Typologie logischer Ebenen, wie sie
bspw. von Bertrand Russell und Alfred North Whitehead in ihrerPrincipia
Mathematica' zu Beginn unseres Jahrhunderts vorgeschlagen und begründet
wurde, lässt sich die Multivalenz von Informationsmedien nicht verstehen.[1]
Die schichtenweise Klärung von Bedeutungen kommunikativer
Ereignisse in der Gesprächsanalyse hat, wie überhaupt die Rede
von Bedeutungsebenen', die Annahme eines entsprechenden
Theorieparameters zur Voraussetzung.[2] |
![]() |
zwischen der Sache' und dem Namen der Sache, |
![]() |
der wörtlichen' und der übertragenen' Bedeutung (Metapher, Ironie), |
![]() |
der sprachlichen Äußerung (Namen) und Reflexionen über die Äußerung (Metakommunikation), |
![]() |
der Klassifikation und Metaklassifkation (z.B. Geschwindigkeit und Beschleunigung, Art und Gattung), |
![]() |
dem Lernen und dem Lernen des Lernens (und allen anderen Deuteropraxen) sowie |
![]() |
der verbalen Äußerung und non-verbalen oder gestischen und mimischen Äußerungen' (den verschiedenen Kanälen der Kommunikation). |
Auch N. Luhmann verwendet in seinen Arbeiten die Begriffe
Ebene' und Typ'. In älteren Arbeiten geschieht dies zunächst
ähnlich schwankend wie bei G. Bateson.[4]
In seinem Grundriß einer allgemeinen Theorie' über Soziale
Systeme' bemüht er sich dann gleich eingangs um eine explizite Einführung
dieser Begriffe als Abstraktionsschema'. In einer Skizze werden drei
Ebenen der Systembildung' unterschieden.[5]
Auf der ersten Ebene liegt die Systembildung' der allgemeinen
Systemtheorie': Systeme'. Auf der zweiten Ebene werden die Typen Maschine',
Organismen', soziale Systeme' und psychische Systeme'
angeführt. Soziale Systeme werden auf einer dritten Ebene noch einmal
in Interaktion', Organisation' und Gesellschaften' differenziert.
Abgesehen von der ersten Ebene gibt es also auf jeder Ebene mehrere Systemtypen
oder Arten'. "Die Unterscheidung von Ebenen soll fruchtbare Vergleichshinsichten
festlegen." (Ebenda: 17) Sie hat gleich allen Taxonomien einen "mehr
oder weniger intuitiven Ursprung" (Ebenda: 18) und normative Geltung:
"Vergleiche zwischen verschiedenen Arten von Systemen (!) müssen
sich an eine Ebene halten." (Ebenda: 17) Die Unterscheidung wird m.a.W. als eine Leistung des Betrachters begriffen - nicht als eine Leistung der Dinge.[6] Hier setzt sich m.E. eine bloß konstruktivistische Interpretation des Ebenenkonzepts fort, die in dem Buch Menschliche Kommunikation' begonnen hat, die aber von G. Bateson so nicht intendiert war. Sein Verdienst ist ja nicht nur, überhaupt auf die Notwendigkeit hingewiesen zu haben, logische Typen und Ebenen in Kommunikationstheorien zu unterscheiden. Ebenso wichtig ist gewiß sein Hinweis auf den unterschiedlichen Gebrauch, den von diesen Parametern Logik einerseits und eine Theorie sozialer Kommunikation andererseits zu machen haben: Die Logik muss die Ebenen auseinanderhalten, um ihre Ziele zu erreichen, wahre' Aussagen zu produzieren. Die Kommunikationstheorie hat davon auszugehen, dass die Durchbrechung der Ebenen genau dasjenige Phänomen ist, welches es zu modellieren gilt. Der kommunikativen Welt wird mit anderen Worten von Bateson erstmals eine Gliederung in Ebenen (ontologischer Parameter) zugeschrieben, die Durchbrechung dieser Ebenen wird als Wesensmerkmal geistiger Prozesse' aufgefaßt. Ich denke, man muss zwischen verschiedenen Emergenztheorien - und damit auch unterschiedlichen Begriffen von Information - unterscheiden: Es gibt eine ontologische Emergenz, d.h. unterschiedliche Seinsstufen von Materie, eine strukturelle Emergenz und natürlich auch die von Watzlawick et. al. und Luhmann vorrangig angesprochene epistemologische Emergenz. In epistemologischen Paradigmen erscheinen die Ebenen als Pyramide der Beobachtung, von Beobachtungen von Beobachtungen usw. Im strukturellen Paradigma haben wir es immer mit Unterscheidungen zwischen Elementen und Systemen, Teil: Ganzes-Beziehungen zu tun. Dieser Perspektive kommt die Typenlehre der Logiker am nächsten. Im ontologischen Paradigma akzeptieren wir die unterschiedlichen Emergenzformen der Materie in der einen oder anderen Feinabstufung. |
|
[1] dt.
Taschenbuchausgabe, Frankfurt (Suhrkamp) 1986, S. 397ff. [2] Giesecke/Rappe-Giesecke: Supervision als Medium kommunikativer Sozialforschung. Ffm 1998, S. 397ff [3] G:. Bateson: Ökologie des Geistes, Ffm 1983, S. 271. Vgl. a. Ders.: Geist und Natur. Eine notwendige Einheit, Ffm 1984, S. 146 [4] 'Interaktion, Organisation, Gesellschaft' in: Ders.: Soziologische Aufklärung, Bd. 2. Opladen 1975, S. 20/21 [5] Ders.: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Ffm 1984, S. 16 [6] Daran ändert auch die anschließende Einführung der Möglichkeit der "Selbstabstraktion" der Gegenstände' nichts. Sie zeigt vor allem die Notwendigkeit zwischen verschiedenen Ebenen - und Emergenztheorien zu unterscheiden. (Vgl. Ebd. S. 16/7) |