Fliesstext Kommunikation als soziale Vernetzung

 

 

Aus kommunikationsanalytischer Sicht lassen sich alle sozialen Systeme: Triaden, Gruppen, Institutionen (organisierte soziale Systeme), Gesellschaften mit ihren Subsystemen (Segmenten, Schichten, funktional ausdifferenzierte Systeme wie z. B. Wirtschaft, Wissenschaft) und mit Einschränkungen auch Dyaden als kommunikative Netze beschreiben. Dies geschieht, indem man den Informationsfluß zwischen den einzelnen Kommunikatoren verfolgt. Es interessiert dabei nicht der 'Inhalt' der Botschaften, sondern nur die Tatsache (ja/nein) des Informationsflusses, seine Häufigkeit und seine Richtung (hin zum/weg vom Kommunikator oder beides).
Jedes Kommunikationssystem mit mehr als zwei Gesprächspartnern zeichnet sich dadurch aus, daß die nur theoretisch mögliche vollständige (all-channel) und gleichwertige (duplex) Vernetzung (vgl. Abb. 39) eingeschränkt wird, oder/und daß die einzelnen Kanäle mit unterschiedlicher Häufigkeit (Frequenz) in den verschiedenen Richtungen in Anspruch genommen werden.
 

Abb: Vollständige Vernetzung

Schon vor mehr als vierzig Jahren haben Sozialpsychologen die mit dieser Einstellung an die Analyse von Gruppen und Institutionen herangingen, die folgenden drei Vernetzungstypen als Restriktionen des 'all-channel' Netzes empirisch nachgewiesen. Gegenwärtig tauchen diese Typen auch in den Handbüchern der technischen Informatik und der Nachrichtentechnik auf.
 


  
Abb: Kettenförmiges Netz
 
Abb.: Kreisförmiges Netz
 

Abb.: Stern- oder baumförmiges hierarchisches oder zentralisiertes Netz
 

 
Praktisch sind diese verschiedenen Vernetzungsformen in einigermaßen komplexen Kommunikationssystemen immer miteinander verbunden.
 
Abb.: Kombinierte Vernetzungstypen
 
Die Vernetzungstypen bestimmen die Zugangsmöglichkeiten, die der/die Einzelne zu den Informationen hat, die in dem Sozialsystem zirkulieren und dessen Bestand garantieren. Ähnlich wie die Schaltpläne auf den Chips geben sie Auskunft über die Leistungsmöglichkeiten ihrer Elemente. Aufgrund der Flexibilität sozialer Systeme könnten sich die Vernetzungsformen in ihnen theoretisch je nach den gerade anstehenden Aufgaben ändern. Praktisch tendieren alle Kulturen, Institutionen und Gruppen aber dazu, einmal etablierte Vernetzungsformen lange Zeit auch dann beizubehalten, wenn etwa neue Aufgaben andere Netzeigenschaften erforderten. Solche dysfunktionalen Erstarrungen aufzubrechen, ist ein Bemühen der kommunikativen Organisationsentwicklung.