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Sieben Thesen zur Medientechnologie |
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Neil Postman in: W. D. Fröhlich, R. Zitzelsperger, B. Franzmann (Hg.): Die verstellte Welt, Beiträge zur Medienökologie. Frankfurt 1988: 9-22. Die Thesen: |
1. | "Jedem Vorteil, den eine
neue Technologie mit sich bringt, steht immer ein Nachteil gegenüber"
(10). "Je größer die Faszinationskraft einer Technologie,
desto größer auch ihre negativen Konsequenzen" (10/11).
Die Kultur zahlt also immer einen Preis für die Technologie. Die Frage 'Was bringt eine neue Technologie?' ist nicht wichtiger als die Frage 'Was nimmt die neue Technologie?'. |
2. | "Die Vorteile und die Nachteile
neuer Technologien verteilen sich niemals gleichmäßig auf die
verschiedenen Gruppen der Bevölkerung. Mit anderen Worten, jede neue
Technologie nützt den einen und schadet den anderen." (11) Deshalb
'zerbrechen neue Medien alte Wissensmonopole, indem sie neue hervorbringen
und sie verschieben die Macht- und Einflußpotentiale von einer Gruppe
auf eine andere'. (12/13) Frage: Wer profitiert von der Entwicklung? Welchen sozialen Gruppen schadet sie? |
3. | "Jede Technologie begünstigt
eine bestimmte eigene Weltsicht" (22). In jeder Technologie steckt eine Idee, ein Modell, die Welt zu betrachten, "ein Mann mit einem Hammer sieht überall Nägel... ein Mann mit einem Bleistift sieht alles als Liste. Ein Mann mit einer Fernsehkamera sieht überall Bilder. Ein Mann mit einem Computer sieht überall Daten." (15) Die Technologie programmiert das Verhalten und Erleben der Benutzer der Technologie, prämiert Sinne und Organe. Es geht also nicht nur um die Weltsicht, sondern auch darum, daß diese Technologien bestimmte Sinne fördern und andere verkümmern lassen. "Dies ist die Summe und der eigentliche Kern dessen, was Marshall McLuhan mit seinem Satz sagen wollte: 'Das Medium ist die Botschaft' - meiner Meinung nach eine der bedeutsamsten Erkenntnisse dieses Jahrhunderts." (16) |
4. | "Die Medien konkurrieren
miteinander ... um die Vorherrschaft ihrer Weltsicht." (16) Jedes Medium setzt sich nur in aggressiver Konkurrenz zu anderen Medien durch. |
5. | "Technologischer Wandel vollzieht sich nicht additiv, sondern ökologisch." (18) Wenn sich eine neue Technologie im Wettbewerb durchgesetzt hat, dann ist das gesamte Kommunikationssystem umgestaltet. Es wird nicht bloß ein neues System hinzugefügt, sondern in diesem Prozeß gewinnt das Gesamtsystem eine neue Identität, neue Subsysteme, Ziele usw.: Der imperialistische Charakter der neuen Medien. |
6. | "Technologien tendieren
dahin, mythisch, d. h. zu einem Teil der natürlichen Ordnung der Dinge
zu werden". (22) Man muß mit anderen Worten den neuen Technologien
göttliche Fähigkeiten zuschreiben, wenn sie sich denn durchsetzen
sollen. Sie sind "nicht Teil des göttlichen Schöpfungsplans,
sondern ein Produkt menschlicher Kreativität und menschlichen Ehrgeizes".
(20) Jede Technologie muß sozial angeeignet werden. |
7. | "Die Untersuchung zwischen
Technologie und Medium gibt uns die Chance, den sozialen Wandel zu kontrollieren."
(22) "Technologie und Medium verhalten sich zueinander wie Gehirn und
Denken. Die Technologie ist, wie das Gehirn, nur ein Instrument, gleichsam
ein System festverlegter Kabel. Das Medium hingegen ist, wie das Denken,
eine bestimmte Art und Weise, dieses Instrument zu benutzen." (20)
Hier macht P. den Versuch, die Technologie als eine abstrakte unsoziale
Materie aufzufassen und die Medien dann als das sozialisierte Endprodukt."
Eine Technologie wird bei ihrer Verwandlung in ein Medium stets auch durch
das soziale, politische und ökonomische System geformt, in das man
sie einführt." (21) Danach besteht die Aufgabe der Medienpolitik
darin, "die Technologie zu zähmen, aus Technologien gutartige
Medien zu machen". (22) Die Technik, einschließlich der Kommunikations- und Informationstechnologie, muß, wie die übrige Natur auch, sozial geformt und normiert werden, damit sie zu einem Element sozialer Gemeinschaften wird. |