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Das Postwesen und die Durchsetzung des Prinzips der mehrfachen Dienste |
Neben den Städten haben natürlich auch
die Landesherrn, und zwar schon seit dem frühen Mittelalter, Botendienste
unterhalten. Im Laufe der Zeit wurden sie ausgebaut. Ein wichtiger Schritt
war es, als die Habsburger im Jahre 1500 die aus Bergamo stammende Familie
der Taxis damit beauftragte, den Postverkehr zu organisieren. Franz von
Taxis (1459 bis 1517) richtete im Jahre 1500 eine Postlinie zwischen Wien
und Brüssel ein, die über kurz auch private Korrespondenz beförderte.
Die privatwirtschaftlich organisierten Postsysteme bemühten sich von
Anfang an um eine größere Regelmäßigkeit und Verläßlichkeit:
„Das Postunternehmen der Taxis beispielsweise hat sich für die
Strecke RomMadrid verpflichtet, die Briefe während des Sommerhalbjahres,
vom 1. April bis Ende September, binnen 24 Tagen und während des Winterhalbjahres
binnen 26 Tagen zu befördern.“ (Braudel obcit, Bd.2, S. 36) „Im Laufe der Zeit und dank des vererblichen Sonderrechts ... entwickelte sich die Thurn und Taxis-Post bald zu einer europäischen Staatspost. Im 16. Jh. beschäftigte sie bereits ein Heer von 20000 Kurieren ... Die Thurn und Taxis konnten sich während Jahrhunderten so unentbehrlich machen, daß sie ihr Privileg in Preußen erst im Jahre 1867 verkaufen mußten.“ (Hadorn/Cortesi Bd. 2 obcit S. 25) Damit wurde in Preußen das Postwesen wieder zu einer staatlichen Veranstaltung. Mit dem Postsystem der Thurn und Taxis wird nicht nur die Ära eines regelmäßigen, öffentlichen und privatwirtschaftlich organisierten Nachrichtenwesens eingeleitet. Als weitere Neuerung tritt das hinzu, was man heute das Prinzip der 'mehrfachen Dienste' nennt: die Infrastruktur (Wagen, Relaisstationen, Wege...) wird nicht nur genutzt, um 'Brief' zu befördern, sondern auch Personen. "Es zeigte sich sehr schnell, dass das einmal geschaffene Netzwerk zu sehr viel mehr in der Lage war, als nur den einen ursprünglichen Dienst anzubieten. Wenngleich es in dem 1516 von König Karl I. von Spanien mit seinen Hauptpostmeistern geschlossenen Vertrag hieß, dass die Post nur "für königliche Briefe und Geschäfte in Bewegung zu setzen" sei, so wird doch gleichzeitig postuliert: "Der König, sein Statthalten und Rat können zum halben Preis einen Kavalier, Sekretär oder Bediensteten auf den Posten reisen oder begleiten lassen; der König uneingeschränkt, die anderen monatlich." Hiermit nun wird zum ersten Mal die Möglichkeit gegeben, ein ursprünglich nur für den Transport von Botschaften eingerichtetes Netz auch für den Transport von Personen, das Reisen also, einzusetzen. Und mit der ausdrücklichen Genehmigung an den Generalpostmeister "Leonard des Tassis" vom 27. Juni 1600, von Privatpersonen Briefporto erheben zu dürfen, bei gleichzeitiger Bestätigung des Monopols der Briefbeförderung, wird ein weiterer Dienst, die allgemeine Postbeförderung, auf einem ursprünglich für einen anderen Zweck etablierten Netz eingeführt. Das Prinzip der verschiedenen auf einem Netz durchführbaren Dienste ist hiermit ins Leben gerufen und wird sich bis in die Gegenwart weiterentwickeln. Der grundlegende Gedanke, aus Gründen der Rationalität mehrere Dienste, dort wo technisch möglich, nicht über mehrere Netze, sondern über möglichst wenig Netze durchzuführen, ist in Verbindung mit staatlichem Monopolstreben bis zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens zum gegenwärtigen Zeitpunkt über die Jahrhunderte unverändert' geblieben. Und trotz der jetzt auf einigen Gebieten durchzuführenden Entmonopolisierung bezieht sich die dadurch angestrebte Diversifizierung im Wesentlichen auf die Dienste und nicht auf die Netze." (1) Der mehrfachen Nutzung des Botenwesens waren allerdings in älterer Zeit klare Grenzen gesetzt. Es war zu teuer und aufgrund des Standes der Technik häufig unmöglich, größere Waren auf dem Landweg zu transportieren. Wichtige Nachrichten und Briefe wurden damals jedoch "fast immer über Land und nur ausnahmsweise über den Wasserweg befördert". (Braudel, ebd. S.412) Insofern gab es eine klare Trennung zwischen Informations- und Güterverkehr. Letzterer spielte sich, wo immer möglich, auf dem Wasser, auf den Flüssen und Meeren, ab, ersterer auf dem Landweg. (2) Aus heutiger Sicht erstaunt dabei, welch kleine Flüsse noch bis ins 15. Jh. hinein für den Güterverkehr genutz wurden. |
Erst mit dem Ausbau des Schienenverkehrs wurden die aufgrund der unregelmäßigen Pegelstände riskanten kleinen Wasserwege Stück für Stück aufgegeben. |
(1) aus: Werner, Th.: Die Post
- ein Netzwerk. In: Glaser, H./Werner, T.: Die Post in Ihrer Zeit. Heidelberg
1990, S. 22/23 (2) Die Koexistenz von See- und Landwegen ist für Braudel unübersehbar: "hier die schweren und billigen Frachten, dort die leichten und kostbaren". (Braudel, Bd.1, 1990, zuerst 1949, S.418) |