Fliesstext Die Genauigkeit von konversationsanalytischen Transkriptionen
   
Es gibt es eine untere Grenze der Genauigkeit, die nicht unterschritten werden sollte, wenn man die Transkriptionen noch als Datum für kommunikationsanalytische Untersuchungen verwenden will:
 
Der Wortlaut aller Äußerungen sollte vollständig und so genau wie eben möglich
samt aller Korrekturen und Wiederholungen erfasst werden.
Alle Sprecherwechsel und alle Rezeptionssignale (Hm) sollten erfasst und wenn
möglich, den verschiedenen Sprechern zugeordnet werden.
Wird ein Sprecher von einem anderen Gesprächspartner unterbrochen, so sollte
dies ebenfalls aus der Transkription ersichtlich sein (durch '(U)').
Merke: vollständige und wohlgeformte Sätze sind Ideale von Verfassern
schriftsprachlicher Texte, normalerweise nicht von Sprechern in alltäglichen
Gesprächen.
Zumindest die längeren Pausen sollten markiert und ihre Dauer verzeichnet
werden.
Die Kennzeichnung der Stimmführung sollte so genau sein, dass man hörbare
Frage- und Aufforderungsintonationen wiederfindet. Dies gilt insbesondere für das
Ende von Turns.
Wenn Betonungen dem Transkribenden auffallen (etwa als besonders 'laut' oder
'leise' oder 'gedehnt'), sollte dies ebenfalls vermerkt werden.
 
Es empfiehlt sich, die Angaben über Pausendauer und Stimmführung bei einem zweiten Durchgang durch das Datenmaterial in die Transkription einzutragen.
Können die hier aufgeführten Forderungen aus irgendwelchen Gründen von den Transkribenden nicht erfüllt werden, ist dies deutlich zu machen.
Für die meisten soziologischen und kommunikationswissenschaftlichen Auswertungszwecke ist eine Berücksichtigung der dialektalen oder individuellen Abweichungen von der Normallautung der gesprochenen deutschen Sprache nicht erforderlich. Die Genauigkeit der Transkription endet mit anderen Worten auf der Wortebene: Apokopen und Zusammenziehungen (im Wort) werden nicht mehr systematisch sondern nur noch in auffälligen Ausnahmefällen notiert. (Vgl. die Abbildung 7: Literarische Umschrift) Es ist aber möglich, auffällige sprachliche Eigenarten eines Sprechers im Anschluss gesondert zu charakterisieren.

GliederungDie Rolle des Transkribenden

 

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