Man muss davon ausgehen, dass jeder Transkribend das Tonmaterial unterschiedlich
wahrnimmt und darstellt. Die Verschriftlichung von Gesprächen, an
denen man selbst teilgenommen hat, zeitigt erfahrungsgemäß
Selbsterfahrungseffekte und ist insoweit ausgesprochen nützlich.
Im Rahmen von Forschungsprojekten sollte man eine solche Konstellation
allerdings tunlichst vermeiden. Die persönliche Verstrickung bringt
eine besonders schwer zu kontrollierende Selektivität ins Spiel.
Es empfiehlt sich, ein und dasselbe Tonmaterial mindestens durch zwei
Transkribenden abhören und mit dem Transkript vergleichen zu lassen.
Auffällige Unterschiede in der Wahrnehmung zwischen den beiden Transkribenden
sollten notiert werden. Auch hier zeigt sich, dass die kommunikative Sozialforschung
eine Radikalisierung alltagsweltlicher Verfahren des Erkenntnisgewinns
ist: Jeder Transkribend ist ein möglicher Gesprächspartner der
Sprecher, die durch das Tonbandgerät erfasst wurden. Ihre Bedeutungszuschreibungen
und Sequenzierungen sind immer auch mögliche Sequenzierungen der
beteiligten Gesprächspartner. Insofern bieten auffällige Unterschiede
in der Transkription zwischen verschiedenen Transkribenden immer schon
einen Einstieg in die Interpretation des Textes. Insbesondere dann, wenn
sich die Transkribenden nicht auf eine Lesart einigen können, sollten
alle Lesarten als Appendix gesammelt werden.
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