Reflexion Reflexion: Auswertung zur Übung 'Bilderfahrung' (Ü2)
Nachbesprechung mit einer Teilnehmerin: Im Plenum hatte sie, wie die anderen Teilnehmerinnen auch, in einem Blitzlicht kurz den Gang ihrer Wahrnehmung des Bildes geschildert. Als einzige sprach sie von einem "grauen oder hellbraunen Horizont so oder Weg, der von hinten, aus diesem Garten auf die Menschen im Vordergrund zuläuft, was Spitzes." Es sei bei der Bildpräsentation so schnell gegangen und so dunkel gewesen. Sie habe nicht alles gut gesehen. In einer späteren Phase fragte ich sie noch einmal, was ihr bei der Bildbetrachtung zuerst aufgefallen war.

T = Teilnehmer
L = Leiter

   
T: "Mir fiel zuerst 'typisch KomLehre' ein."
L: "Wieso?"
T: "Naja, die nackten Menschen, die sich im Garten räkeln."
L: "Hm."
T: "Weil man so denkt, in der KomLehre muss man sich ausziehen, so offen sein."
L: "War das nicht so, dass Sie den Weg zuerst als etwas Spitzes sahen, dass den jungen Mann bedrohte?"
T: "Ja, da ging was im Bild direkt auf den zu."
L: "Und dann mussten Sie das erst klären, und als Sie sahen, dass es ein Weg war, waren Sie beruhigt?"
T: "Alles halb so schlimm."
L: "Können Sie noch mal sagen, an was auf dem Bild Sie sich erinnert haben und an was nicht?"
T: "Zuerst der diagonale Weg, dann der Jüngling, dann die anderen Personen - und so'n bisschen grün und Garten zum Schluss. Keinen Himmel, keine Tücher und nichts Genaues im Hintergrund."
L: "Das wird ja ganz verständlich, wenn ich mir vorstelle, dass Sie gleich beim Zeigen der Bilder an KomLehre und dann an die Bedrohung / Diagonale, oder wie sagten Sie: an den schrägen Horizont, dachten. Der erste Affekt hat die Wahrnehmung gelenkt. Wir können uns nun damit beschäftigen, was Ihr Herangehen an das Bild über Ihre Erwartung an ein Training in der KomLehre verrät. Also die Umweltwahrnehmung, das Bild als Medium der Selbsterkenntnis nutzen. Um Menschen geht es in der KomLehre, aber aus dem Garten kommt etwas, was zunächst als bedrohlich erscheint, sich aber dann recht bald als Weg - oder schräger Horizont - erweist?"
T: "Ja, diese Trainings haben etwas Seltsames, wenn man aus den anderen Fächern kommt. Die Menschen sind hier auch so anders, freier eben. Sie bewegen sich und räkeln sich und haben keine, Ve...., hm, Kleidung an."
L: "Verkleidung?"
T: "Anders eben, und man muss sich an die Art gewöhnen, wie sie in der Landschaft lagern."
L: "Genau hinsehen jedenfalls, und dann sieht man auch die roten und weißen Tücher, die bei Bedarf zum Schutz genommen werden können. Eine Person hat ihr Geschlecht ja auch unter einem Tuch verborgen. Solcher Schutz ist hier im Training auch möglich. Das haben Sie ja auch bemerkt, aber eben erst beim zweiten Hinschauen. Die Vorerwartung war vielleicht, dass es hier ungeschützter zugeht, als es sich jetzt herausstellt?"
T: "Hm. Ja. Vielleicht."
L: "Wir könnten hier jetzt noch weiter gehen, z. B. fragen, ob Sie die Personen auf dem Bild an bestimmte Personen in ihrer Umwelt erinnern - und dann wieder nachprüfen, welche Phantasien Sie beim ersten Anblicken des Bildes hatten - und von dem Bild wieder zur Gruppe zurückkehren und bei den Personen hier nach Entsprechungen suchen. So wird Bild- und Selbsterkenntnis zum Mittel der Erkundung der Gruppe - und andersherum. Und wenn man will, kann man auch ganz von sich selbst weg zum Maler und zu dessen Phantasien gehen. Das wäre dann ein Weg der Kunstbetrachtung."
 

Übung: 'Bilderfahrung' (Ü2)

www.kommunikative-welt.de WaKoTraining ©Michael Giesecke