Leitfaden Leittext: Triadische Kultur- und Prozessanalyse

Die bekannten Kommunikations-, Erkenntnis- und Medientheorien sind monomedial und monosensuell: Sie gehen von den Augen als Leitsinn und von der menschlichen Sprache als Kode aus. Entsprechend machen sie Aussagen über lineare sequentielle Erkenntnisprozesse, nicht über parallele Informationsverarbeitung zugleich mit mehreren Sensoren und nicht über multimediale Kommunikation.
Wollen wir Visionen über synästhetische Erkenntnis und multimediale Kommunikationspraxen entwerfen, brauchen wir mehrdimensionale Konzepte, die es erlauben, gleichzeitig ablaufende artverschiedene Prozesse in ihrer Wechselwirkung zu beschreiben. Der Inhomogenität der Sinne und Medien soll Rechnung getragen werden. Statt binärer Schematisierung soll triadisches Denken und die Fähigkeit zum Oszillieren zwischen verschiedenen Programmen und Bedeutungen gefördert werden.

Die Wissenschaften verstärken mit ihrer Prämierung von Kohärenz und Widerspruchsfreiheit sowie durch ihre disziplinäre Arbeitsteilung bislang eher noch ein Entweder-Oder-Denken und die Fragmentierung. Das Konstatieren von 'Unübersichtlichkeiten', 'Risiken' und 'Fragmentierungen' in Organisationen und in der Gesellschaft eröffnet keine Perspektiven. Erforderlich werden in der gegenwärtigen Entwicklungsphase Formen des Denkens und der Steuerung, die weder ausschließlich auf Homogenitätsideale und binäre Logiken vertrauen noch Überkomplexität und 'laisser faire' glorifizieren. Erforderlich werden vor allem Modelle, die die widersprüchliche Komplexität kultureller und kommunikativer Phänomene abbilden können.
Wenn bislang die Komplexität dieser Phänomene in den Wissenschaften solange reduziert wird, bis ein homogenes, widerspruchsfreies Modell vorliegt, so liegt die Leistung der 3D-Modelle und des triadischen Denkens darin, die hohe und vor allem auch widersprüchliche Komplexität inhomogener kultureller Phänomene, simultaner Prozesse und multimedialer Beziehungen zu erfassen und im Denken und in der Kommunikation zu erhalten.

Dies wird durch folgende neue Lösungen erreicht:

Triadisches Denken: Phänomene als das emergente Produkt von Triaden verstehen
Anwendung ökologischer Grundgedanken auf
a) menschliche Kulturen: Kulturen als inhomogene Netzwerke artverschiedener Elemente
(Beziehungslehre, kybernetische Steuerungsprogramme, Axiom der Ressourcenknappheit, Gleichgewichtsideal ...)
b) kulturelle Prozesse: Kulturgeschichte als Koevolution artverschiedener Prozesse
(Substitution, Akkumulation, Reproduktion u. a. Typologien)
konsequente triadische Modellierung von kommunikativen Systemen, Prozessen und Medien:
'Kommunikation 3D' wird als das emergente Produkt kooperativer Informationsverarbeitung, Vernetzung von Kommunikatoren und Spiegelungen zwischen materiellen Medien verstanden.
dreidimensionale Begründung des Objektbereichs der Kommunikationswissenschaft und transdisziplinärer projektorientierter Ansatz
Übergang von statischen zweidimensionalen Modellpräsentationen zur dynamischen elektronischen Modellierung simultaner und sequentieller Prozesse: Knoten und Schlaufen
langfristige epochenübergreifende medien- und kulturgeschichtliche Trendforschung, Suche nach substitutiven, bewahrenden und akkumulativen (positive oder negative Steigerung) Prozessen
Praktische Umsetzung der Idee des triadischen Denkens und entsprechender Modelle von Gruppen bzw. Organisationen in Trainings

Neu ist auch die mediale Präsentation: Buch, CD-ROM / Hypertext und datenbankgestützte Website. Teile des zugrundeliegenden Modells lassen sich überhaupt nicht mehr in Papierform visualisieren. Was die praktische empirische Auswertung anlangt, so liegen Ergebnisse in verschiedenen Bereichen vor:

langfristige Trendforschungen zur Kultur- und Medienentwicklung
(vgl. Publikation 'Von den Mythen der Buchkultur zu den Visionen der Informationsgesellschaft', Frankfurt a. M. 2002)
Erprobung triadischer Konzepte von Literatur und Literaturanalyse
(vgl. Literature as Product and Medium of Ecological Communication. In: Configurations 10, 2002, S. 11-36)
Kultur- und Prozessberatung von Organisationen und Organisationsberatern:
VW Coaching, Wolfsburg; Institut für Dialogberatung io.d, Frankfurt a. M.
Tanzsupervision (Projekt Cie. Willi Dorner "back to return"-"tanz 2000.at" im Auftrag der Wiener Festwochen & Internationale Tanzwochen Wien)
(vgl. Tanzsupervision. Die Selbsterkundung des Modernen Tanzes - ein Projektbericht. In: Gabriele Klein/Christa Zipprich (Hg.): tanz-theorie-text (=Jahrbuch Tanzforschung 12) Münster 2002, S. 413-427)
Training kommunikativer Schlüsselqualifikationen an der Hochschule und in der Weiterbildung
(vgl. das datenbankgestützte Webangebot 'WaKoTraining' (Wahrnehmungs- und Kommunikationstraining)
M. Giesecke/G. Feske: WaKoTraining - Ein Datenbankarchiv zur Unterstützung von Kommunikationstrainings.
In: U. Schmitz (Hg.): PortaLingua - Multimediale Lernsoftware für Sprach- und Kommunikationswissenschaften (erscheint).

Leitfaden: Triadisches Denken und abgeleitete Prozessmodelle          Nutzen: Nutzen triadischer Kultur- und Prozessmodelle