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Erfahrungsbericht F. E. zum T-LAB 2 vom August 1995 |
Ich hatte vor dem T-LAB keine besonders stark ausgeprägten Gefühle oder Erwartungen und ließ das T-LAB mehr oder weniger auf mich zukommen, erwartete aber drei anstrengende Tage. Vorab hatte ich aber gehört, dass dieses T-LAB sehr persönlich sei und der Leiter einen auch direkt angreifen könne. Doch ich sah mich als stark genug an, auf eventuelle persönliche Angriffe des Leiters zu reagieren: „Ich sag´s ihm wenn es mir zu weit geht!“ |
Auch am ersten Tag hatte ich morgens keine besonderen Gefühle. Als ich den Raum betrat fiel mir auf, dass ich nur wenige für mich interessante Personen entdecken konnte. Ich hatte nicht das Bedürfnis, alle gut kennenzulernen (im Gegensatz zu anderen T-LAB’s). Mich verblüffte vor allem die Pünktlichkeit der Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Dass dann auch noch die Unpünktlichkeit einer Studentin besonders behandelt und angesprochen wurde, setzte mich unter den Druck, an den folgenden Tagen bloß pünktlich zu erscheinen. |
Die erste Übung fand ich sehr angenehm, war ein toller Einstieg. Ich fühlte mich wie beim Autogenen Training bzw. bei einer Meditation. Ich hatte sehr ruhige und schöne Musik im Kopf und war von der offenbar guten Laune von Herrn Giesecke überrascht. Auch das „Gartenspiel“ fand ich interessant, da doch der Garten von vielen Studenten und Studentinnen sehr unterschiedlich gesehen und wahrgenommen wurde. Ich wusste z. B. zuerst nicht, welcher Garten denn eigentlich gemeint sei. Für mich ist ein Garten nämlich ein Ort mit Idylle, nicht ein Ort mit quadratisch, sachlich angeordneten Pflanzen, obwohl dies allgemein als Schaugarten bezeichnet wird. Andere konnten gar ihr Phantasie kreisen lassen und an Dünen oder ähnliches denken, für mich war das unmöglich. Einzig gefiel mir die Ecke unter den Weiden, hier war es schattig, frisch und schön wild, über meine Haut lief ein angenehmer Schauer. Anscheinend bin ich ein „Hier-und-jetzt-Typ“. |
Am zweiten Tag war ich mit 2 Minuten nach
neun Uhr schon unpünktlich, Wahnsinn. Am besten hat mir der Nachmittag mit dem Rollenspiel „Bergbaugesellschaft“ gefallen. Ab hier fing ich besonders an, über mich und mein Verhalten in Gruppen nachzudenken. Denn bisher war ich davon ausgegangen, das ich in Gruppen mit starken Persönlichkeiten zu schnell die Meinung anderer annehme und Kompromisse eingehe, die ich eigentlich nicht eingehen wollte. Hier zeigte sich für mich, besonders durch die spätere Diskussion, das ich eigentlich doch relativ dominant war. Obwohl schon zwei starke Persönlichkeiten in der Gruppe dabei waren. Vielleicht gewichte ich die Kommentare anderer stärker als die meinigen und nehme sie dadurch stärker war, wodurch ich dann den Rückschluss ziehe, das die anderen Beiträge gar nicht so ernst nehmen. Neige ich also dazu, andere Gruppenmitglieder stärker zu gewichten als mich selbst? Oder war das hier nur Zufall, das ich das so empfunden habe? Oder brauche ich Anerkennung von anderen Personen, um mich gleichberechtigt zu fühlen? Diese Fragen kann ich mir bisher noch nicht eindeutig beantworten. Aber ich weiß seit dieser Übung ganz eindeutig, das ich nicht in der Lage bin, in einer Gruppe, die unter Zeitdruck arbeiten muss, meine ganzen Ressourcen einzubringen. Denn ich muss erst alle Informationen ausgiebig verdaut haben, ehe ich meinen Standpunkt klar und sicher einbringen kann. Schnelle Entscheidungen widersprechen mir und sind für mich völlig unbefriedigend. Außerdem scheine ich zwar nicht führen zu wollen, möchte aber an dem Ergebnis entscheidend mitbestimmen. Nach diesem anstrengenden Nachmittag war ich abends total k. o. |
Bei der Gruppenaufgabe am dritten Tag hat sich der Verdacht vom Vortrag verstärkt, ich sei sehr dominant in Gruppen. Nach Meinung des Trainers hatte unsere Gruppe kein befriedigendes Ergebnis in der gesetzten Zeit liefern können, weil wir alle „aufrechtsitzende“ Individuen seien. Nun stellte ich mir wirklich die schwerwiegende Frage, ob die von mir vorher geäußerte Stärke „Kompromissbereitschaft“ nicht nur eine Wunschvorstellung ist, die so in der Realität von mir gar nicht erfüllt wird. Bin ich tatsächlich ein Individuum, das sich in Gruppen nur schwer einordnen kann und somit zu Gruppenarbeit gar nicht fähig ist? Am liebsten würde ich dies einfach verneinen und nicht weiter drüber nachdenken, da es nicht meinem Idealbild entspricht. Doch andererseits hat die Frage, ob ich mir vorstellen könne, in einem Betrieb mit all seinen Hierarchien arbeiten und mich einordnen zu können, mich nachdenklich gemacht. Ist es doch eine wichtige Frage für mich und meine Zukunft. Direkt auf die Frage antwortete ich, dass ich es mir vorstellen könne, sofern ich genügend Freiraum hätte. Aber tatsächlich habe ich schon häufig daran gedacht, mich selbständig zu machen und bezweifle meine damalige Antwort ein wenig. Ganz eindeutig kann ich sie noch nicht beantworten, da ich nämlich auch vor der Selbständigkeit etwas Angst habe, wahrscheinlich die Angst, ganz allein Verantwortung zu übernehmen. |
Den mir aufgekommenden Fragen werde ich mit Sicherheit
in Zukunft weiter nachgehen und mich und mein Verhalten in Gruppen beobachten
bzw. mit Freunden und Freundinnen darüber sprechen. Ich glaube, ich
bin mir jetzt auch deutlicher über meine Wünsche im jeweiligen
Augenblick an mich und meine Mitmenschen bewusst. Ansonsten habe ich noch die Frage, ob es wirklich immer sinnvoll ist, in einer Gruppe seine Gefühle/Wünsche zu äußern? Sicherlich kann es eventuelle unterschwellig vorhandene Konflikte lösen helfen, doch kann es die Gruppenarbeit auch stark aufhalten. |
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